Das Vertrauen der Deutschen in die Demokratie schwindet.
Zwei Jahre Coronapolitik und die Reaktion der Bundesregierung auf den Ukraine-Krieg haben tiefe Spuren bei der Demokratiezufriedenheit der Deutschen hinterlassen. Das zeigen Umfragen der Friedrich-Ebert-Stiftung, dernach jeder Dritte Deutsche nicht mehr daran glaubt, dass die Demokratie noch die aktuellen Probleme lösen kann und der Bertelsmann-Stiftung, dernach nur noch 54% der Deutschen mit dem Funktionieren der Demokratie hierzulande zufrieden sind. Ist die Demokratie nicht mehr die richtige Regierungsform? Welche Alternativen gibt es und sind diese wirklich besser?
Die verschiedenen Herrschaftsformen unterscheiden sich darin, wer das Sagen hat. In einer Demokratie, also Volksherrschaft, ist es das Volk, das durch Abstimmungen Entscheidungen trifft und dessen Wille durch Wahlen im Parlament vertreten ist. In Autokratien (auf deutsch „Selbstherrschaft“) hingegen ist die höchste politische Macht in den Händen einer einzelnen Person oder einer Personengruppe konzentriert, deren Entscheidungen keinen verfassungsmäßigen Beschänkungen unterworfen ist, wie z.B. in absoluten Monarchien und Diktaturen. Als „Oligarchie“ wird eine „Herrschaft von wenigen“ bezeichnet, zum Beispiel die Reichsten des Landes die politische, religiöse oder militärische Kontrolle ausüben. Anarchie hingegen ist die Vorstellung einer Gesellschaft ohne eine traditionelle Regierung und Hierarchien, in der sich die Gesellschaft selbst regeln soll, z.B. durch Räte, freie Übereinkunft oder rein funktionale Entscheidungen. Sind die genannten Systeme echte Alternativen zur Demokratie?
Was lehrt uns die Geschichte?
„Es wird gesagt, dass die Demokratie die schlechteste Regierungsform ist. Abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert wurden …“ – Winston Churchill, 1947
Das Zitat stammt vom britischen Premierminister Winston Churchill aus dem Jahr 1947, also nur zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, der das Ende der NS-Diktatur bedeutete. Die NS-Zeit ist das prominenteste Beispiel einer autokratischen Herrschaft in der deutschen Geschichte und gilt als ethischer Zivilisationsbruch und als Tiefpunkt der deutschen und europäischen Geschichte. Über zwölf Jahre hat die NS-Diktatur rassistische und nationalistische Ideologie mit Mitteln des Staatsterrors durchgesetzt und entfachte den Zweiten Weltkrieg in dessen Verlauf die Nationalsozialisten zahlreiche Kriegsverbrechen und Massenmorde verübten und in der ihre radikalantisemitische Politik im Holocaust mündete. Es ist klar: Autokratie ist keine Alternative. Aber heißt das, dass Demokratie nur das kleinste Übel ist? Wie seht ihr das?
Was denken unsere Leserinnen und Leser?
Ihr habt uns EURE Fragen und Kommentare zugeschickt und wir haben sie an zwei hochrangige Politiker weitergeleitet! Ihre Antworten findet ihr im Video oben!
- Wolfgang Thierse ist ein Politiker der SPD, früherer Bundestagsabgeordneter und war Bundestagspräsident zwischen 1998 und 2005
- Norbert Lammert ist CDU-Politiker und Bundestagspräsident a.D. (2005 – 2017) und ist seit 2018 Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Auf die Frage, ob Demokratie die beste Regierungsform ist, schrieb uns Leserin Lena:
Demokratie ist aktuell die beste Regierungsform. Aber man müsste die aktuelle Version von Demokratie vielleicht überdenken. Ich habe den Eindruck, dass Viele das Versprechen von Demokratie, nämlich das Volk zu vertreten, nicht mehr erkennen können. Wir sollten uns fragen wie wir sicherstellen können, dass den Einfluss den jeder von uns hat (Wahlen, Bürgerforen, etc) auch genutzt wird. Wie können wir zum Beispiel sicherstellen, dass politische Bildung jedem zugänglich gemacht wird und das Chancengleichheit überhaupt ausgebaut wird?
Wie reagieren Norbert Lammert (CDU) und Wolfgang Thierse (SPD), beide ehemals Bundestagspräsidenten auf Lenas Frage? Ihre Antworten findet ihr im Video oben!
Auch Leser Timo hat uns einen Kommentar zugeschickt, in dem er seine ideale Version von Demokratie beschreibt:
Demokratie macht am meisten Sinn wenn sie, wie in der griechischen Polis oder in Aktiengesellschaften von relativ wenigen Playern mit großem Interesse an der gemeinsamen Organisation betrieben wird.
Was halten die Bundestagspräsidenten a.D. Wolfgang Thierse und Norbert Lammert von Timos Vorschlag? Ihre Antworten findet ihr im Video oben!
Lara schreibt, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer größer wird, die Regierung ihrer Meinung nach aber nichts dagegen tut.
Kann soziale Ungleichheit unsere Demokratie gefährden?
Wie schätzen Norbert Lammert und Wolfgang Thierse das ein? Ihre Antworten findet ihr im Video oben!
Ist die Demokratie das beste Regierungsmodell?
Oder nur das kleinste Übel? Reicht es euch, nur bei den Wahlen gefragt zu werden? Wie kann man sich sonst einbringen? Schreib uns einen Kommentar und wir leiten ihn an Politiker:innen und Expert:innen weiter!
Foto: Unsplash (cc) Morning Brew;
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One Kommentare Schreib einen KommentarKommentare
Wenn ich an das Demokratieproblem in Europa denke, dann denke ich an die Tatsache, dass in Ländern wie den Niederlanden oder Schweden etwa 85 % der Bevölkerung Englisch sprechen, während es in Italien, Spanien, Portugal und den sechs östlichen EU-Ländern etwa 20-35 % sind. Das sind keine gleichen Chancen, sich an der Politik zu beteiligen. #Esperanto