Arbeiten wir zu viel? 

Fünf Tage die Woche, etwa 40 Stunden. Ist das noch in der modernen Arbeitswelt angebracht? Die Technologiebranche macht es wieder einmal vor, Mitarbeiter bei Google und Amazon bieten die Vier-Tage-Woche bereits an und auch bei uns probieren die ersten Firmen das Modell aus. Was berichten die Unternehmen? Eine Firma aus Neuseeland kam zu dem Schluss, dass ihr Experiment mit der Vier-Tage-Woche ein voller Erfolg war und jetzt als Arbeitsmodell übernommen wird. Die Arbeitnehmer seien mit einem extra Tag frei viel produktiver und generell entspannter. Es könnten sicher viele eine bessere Balance zwischen Job und Privatleben finden. Andererseits kann solch eine Umstellung auch schiefgehen. Wenn die gleiche Leistung in kürzerer Zeit erbracht werden soll, geht das Stresslevel sicher bei vielen hoch. Auch könnte die Verringerung der Arbeitszeiten als Grund angebracht werden, das Gehalt zu kürzen. Wäre das auch eine Option für alle?

Ist es Zeit für eine neue Revolution auf dem Arbeitsmarkt?

Mit Revolutionen auf dem Arbeitsmarkt änderten sich auch die Bedingungen für die Arbeitnehmer. Im 19. Jahrhundert setzten sich Gewerkschaftsführer für den Acht-Stunden-Tag ein. Bis dahin war es völlig normal täglich zehn bis 16 Stunden zu arbeiten. Neue Technologien und strengere Arbeitsauflagen haben uns ein mehr Freizeit und Urlaub gebracht. Der berühmte Ökonom John Maynard Keynes ging davon aus, dass es innerhalb des nächsten Jahrhunderts sogar zu eine 15-Stunden-Woche kommen würde. Jetzt steht uns die Revolution mit Algorithmen und Robotern bevor, was wird sie ändern? Unseren europäischen Nachbarn ist das Vier-Tage-Woche Modell nicht unbekannt. In den Niederlanden ist es beispielsweise für junge Eltern völlig normal, dass Vater und Mutter einen Tag die Woche weniger arbeiten als die Kollegen. Im Schnitt arbeiten die Niederländer 29 Stunden pro Woche. Gleichzeitig sind sie eines der wohlhabendsten Länder der Welt. Ist es also Zeit, die Vier-Tage-Woche flächendeckend einzuführen?

Was denken unsere Leserinnen und Leser?

Ihr habt uns EURE Fragen und Kommentare rund um das Thema Vier-Tage-Arbeitswoche zugeschickt und wir haben sie an den Grünen-Politiker und Gewerkschafter Frank Bsirske weitergeleitet!

Unser Leser André beschäftigt sich mit der Frage nach einer Vier-Tage-Arbeitswoche und kommt zu folgendem Schluss:

4x8h wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Versuche in anderen Ländern haben gezeigt das es geht

Hat André recht? Ist die Zeit reif für eine Vier-Tage-Arbeitswoche in Deutschland?

Leserin Julia hingegen ist skeptisch. Sie sagt:

4 tage woche – irgendwie verstehe ich die frage nicht, in deutschland wird immer mehr am sonntag gearbeitet, die menschen haben mind. noch einen 2. job, damit sie über die runden kommen. ausserdem wenn in 4 tg. dann 40 stunden gearbeitet werden soll, wie soll dies bei einer frau mit kind (kindergarten, schule etc.) funktionieren?

Sind Julias Sorgen berechtigt? Und wie könnte eine Vier-Tage-Arbeitswoche praktisch aussehen? Wir haben André und Julias Fragen an den Bundestagsabgeordneten Frank Bsirske weitergeleitet. Wie steht er zum Thema Vier-Tage-Woche?

Zunächst einmal vorweg: Eine eventuelle Vier-Tage-Woche sollte sicherlich nicht bedeuten, dass an vier Tagen dann vierzig Stunden gearbeitet werden muss. Versuche, Arbeitszeitregelungen zum Nachteil der Arbeitnehmer*innen aufzuweichen, lehne ich ab.

Wenn wir über eine Verkürzung der Arbeitszeit sprechen, muss immer die konkrete Situation in den jeweiligen Branchen betrachtet und die Arbeitsmarktsituation mit in den Blick genommen werden. Das können am besten die jeweiligen Tarifpartner machen. Sie kennen die Branchensituation und die Handlungsoptionen. Kürzere Arbeitszeiten, wie beispielsweise die IG Metall sie als Beitrag zur Bewältigung des Struk­turwandels in der Automobilbranche vorgeschlagen hat, halte ich für zielführend. Solche Vorschläge bieten die Chance Arbeits­plätze zu sichern und helfen den Strukturwandel zu bewältigen.

Interessant finde ich auch die Versuche mit der Vier-Tage-Woche in anderen Ländern. Aktuell findet in Großbritannien der bisher größte Versuch einer Vier-Tage-Woche statt. Von Juni bis Dezember 2022 erproben mehr als 3.300 Arbeitnehmer*innen in rund 70 britischen Unternehmen und Organisationen eine Vier-Tage-Woche ohne Lohneinbußen. Ziel ist es dabei, die Produktivität zu 100 Prozent aufrecht zu erhalten. Die dabei gemachten Erfahrungen werden wir uns sicherlich auch in Deutschland ganz genau anschauen.

Über die grundsätzliche Frage der Vier-Tage-Woche hinaus sol­lten die die Beschäftigten die Möglichkeit bekommen, ihre Arbeitszeit flexibler zu gestalten. Gerade um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern und auch mal Zeit für sich selber zu haben. Bei der Ausgestaltung kommt den Sozialpartnern – Gewerkschaften und Arbeitgebern – eine zentrale Rolle zu. In der Metall- und Elektroindustrie wurde beispielweise tarifvertraglich die Möglichkeit  zu einer „verkürzte Vollzeit“ eröffnet. Danach können die Beschäftigen auf Antrag ihre Arbeitszeit individuell auf bis zu 28 Stunden in der Woche verkürzen – ein Beispiel das auch in anderen Branchen aufgegriffen werden könnte.

Sollten wir alle eine Vier-Tage-Woche einführen? 

Würden wir alle weniger gestresst, produktiver und zufriedener zur Arbeit kommen? Oder ist das eher eine persönliche Entscheidung, die dann auch mit entsprechenden Konsequenzen – wie weniger Lohn – getroffen werden muss? Schreibt uns eure Ideen zum Thema, wir geben sie weiter und so diskutiert ihr mit den Experten!

Foto: Bigstock (c) – Flynt

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5 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare

Was denkst Du?

  1. avatar
    Stephan

    Wir haben die Leute dafür nicht. Dass das mit Beamten und Staatsangestellten im Test klappt ist kein Kunststück, die arbeiten ohnehin nicht. Für den Rest bedeutet das Arbeitsverdichtung und kaputte Unternehmen aufgrund Personalmangels.

    • avatar
      René

      wir haben die Leute nicht und werden sie nie haben, weil wir es nicht zulassen, das Menschen die schon da sind eine gute und ausreichende Ausbildung bekommen.
      Aber auch… weil wir Ausbildung und gute Abschlüsse/ Sprachausbildung nicht positiv Fördern bzw. belohnen und Faulheit/Desinteresse bestrafen.

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