
„Zeitenwende“ – auch für Deutschland
„Der 24. Februar 2022 markiert eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents.“ So begann Bundeskanzler Scholz seine Regierungserklärung in Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Scholz‘ Rede selbst und die Ankündigungen der gesamten Bundesregierung markierten ihrerseits selbst eine Zeitenwende für die deutsche Politik. Denn in einigen Bereichen stellte die Regierung einen teils radikalen Kurswechsel vor.
Umdenken in der Außen- und Sicherheitspolitik
Besonders bei der Außen- und bei der Sicherheitspolitik gab es deutliche Neuausrichtungen. 20 Jahre lang folgte Deutschland der Richtlinie, dass keine Waffen in Krisengebiete geliefert werden sollten. In Anbetracht der eskalierten Situation in der Ukraine und auf internationalen Druck der NATO-Partner beschloss die Regierung jetzt 1000 Panzerabwehrwaffen und 500 Boden-Luft-Raketen an die Ukraine zu liefern. Es sei in dieser Situation Deutschlands „Pflicht, die Ukraine nach Kräften zu unterstützen„, begründete Kanzler Scholz diesen Kurswechsel. Seht Ihr das auch so?
Krieg in Europa – Aufrüsten in Deutschland?
Putins Invasion der Ukraine, die so nur wenige erwartet hatten, erfordert auch, über die Verteidigung Deutschlands neu nachzudenken. Hier kündigte Kanzler Scholz den nächsten Paukenschlag an: Dieses Jahr sollen 100 Milliarden Euro für „notwendige Investitionen und Rüstungsvorhaben“ in der Bundeswehr investiert werden. Außerdem kündigte er an, dass Deutschland von nun an sein Versprechen an die NATO, mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren, nicht nur erfüllen, sondern sogar übertreffen zu wollen, mit dem Ziel, die Bundeswehr leistungsfähiger, hochmodern und fortschrittlich zu machen.
Deutschlands historische Verantwortung für Frieden
Einige Expert:innen empfinden dies als eine Umkehr von der jahrelang vorherrschenden Grundüberzeugung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik, dass Deutschland wegen seiner Geschichte eine besondere Verantwortung hat und sich deshalb in militärischer Zurückhaltung üben sollte. Ist dieser Grundsatz nun über Bord geworfen oder muss er neugedacht werden? Wie hoch ist das Risiko für einen Krieg in Deutschland? Sind die Investitionen in die Bundeswehr die richtige Reaktion auf Putins Angriff?
„Freiheitsenergien“ statt russischem Gas?
Auch die Energieversorgung in Deutschland ist vom Krieg in der Ukraine betroffen. Zurzeit bezieht Deutschland gut die Hälfte seiner Erdgasimporte aus Russland. Was passiert, wenn Russland als Reaktion auf die EU-Sanktionen den Gashahn zudreht? Genau darum sorgt sich auch die Politik. Neben aufgestockten Gasvorräten und Terminals für Flüssiggas zu bauen setzt Finanzminister Lindner dabei vor allen Dingen auf erneuerbare Energien und sagt: „Erneuerbare Energien lösen uns von Abhängigkeiten. Erneuerbare Energien sind deshalb Freiheitsenergien„. Reicht das, um von russischen Energielieferungen unabhängig zu werden? Wird der Ausbau der erneuerbaren Energien jetzt oberste Priorität haben?
Ist die Reaktion der Regierung auf den Krieg in der Ukraine angemessen?
Findet ihr, dass Deutschland die Ukraine genug unterstützt? Was haltet ihr von den Kehrtwenden in der Außen- und Sicherheitspolitik? Wie kann Europa unabhängig von russischen Gaslieferungen werden? Schreib uns einen Kommentar und wir leiten ihn an Politiker:innen und Expert:innen weiter!
Foto: Matthias Berg (Flickr)
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16 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare
Putin hat alle belogen. Wer einmal lügt dem glaubt man nicht. Russland isolieren
Putin hätte die Ukraine nicht angegriffen, wenn er sich vor Sanktionen fürchten würde…
Alles kappen. Inklusive Nordstream 1. Dann muss man eben mehr Decken und warme Gedanken nutzen. Gibt schlimmeres.
Warum soll die EU unabhängig von der internationalen Energieversorung werden? Wir leben auf einem Planeten. Da sollte doch auf Nationalismen verzichtet werden.
…. leider sind wir an dem Punkt , wo sich alle zuerst als Mensch sehen, noch nicht 🤔 und die Erde als gemeinsame Heimat 😔
Ich sehe das ebenfalls als eines der Hauptprobleme, das stoische, „stolze“, erz-konservative und in letzter Konsequenz immer „kriegerische“ Beharren auf einer „Nationalität“ … das man auch bei den Reden und Interviews ukrainischer Politiker (Präsident, Botschafter, etc.) SEHR stark heraushört. Keine Frage, die Verzweiflung und der damit einhergehende Hass auf die russischen Angreifer ist berechtigt, oder verständlich, aber die Versuche, mit diesem Hass den Rest Europas zu einem bewaffneten Großkonflikt, dessen Ausgang SEHR ungewiss wäre, zu verleiten, macht mir mindestens ebensoviel Angst, wie die Handlungen Putins selber! Und ausgerechnet eine ehemalige Familienministerin („Flinten-Uschi“) macht sich dafür stark!? Die meisten zivilisierten (aufgeklärten und wohlhabenden), westlichen Länder machen noch vieles falsch, aber diesen aufgeblasenen nationalistischen „Vaterlands“-Begriff haben wir zumindest in unseren Köpfen soweit zurückgedrängt, dass ein „grenzenloses“ Europa möglich wurde, und in den Grundfesten auch funktioniert hat. Aber so weit sind viele andere Länder, auch aufgrund ihrer über lange Zeiträume desaströsen sozialen und wirtschaftlichen Situationen eben nicht – nur fragt sich die Mehrheit dieser Bevölkerungen nicht, ob das vielleicht auch an genau dieser nationalistischen, konservativen Haltung liegt, die sie durch die immer wieder neue Wahl entsprechend denkender und handelnder Politiker etablieren.
Ja wanderts aus nach Nordkorea , Da ist die Welt so wie ihr euch die vorstellt . Traum für jeden Sozi und Komonist .
Nicht noch mehr Geld . Effizients ist gefragt ! Und da ist ein Potential von mindestens 50 % !
Ein Land der keine Rohstoffe hat wird immer von anderen abhängig. Und Russland hat alles.
Sofort alle Energie-Importe aus Russland stoppen! Deutschland finanziert mit den Milliarden, die wir für russisches Gas ausgeben, Putins Krieg mit. Deswegen müssen wir jetzt die Importe stoppen. Ja, es könnte unangenehm für uns werden, aber bei weitem unangenehmer ist es sein Leben im Krieg in der Ukraine zu verlieren…!
Die Antwort ist klar und gab es genauso vor 20 Jahren auch schon: Wir müssen ENDLICH die Energiewende ernsthaft angehen und auf erneuerbare Energien setzen! Damit schaffen wir einen Riesen-Beitrag zum Klimschutz und werden unabhängig von kriegswütenden Autokraten wie Putin!
Nicht gut
Bereitet euch auf eine nukleare Eskalation vor. Mehr ist dazu nicht zu sagen.
Die Entscheidung ist richtig. Es geht.einerseits darum, der Ukraine eine wirksame Selbstverteidigung zu ermöglichen, andererseits weiteren territorialen Begehrlichkeiten Russlands möglichst einen Riegel vorzuschieben
Wir müssen der Ukraine den Beitritt zur EU ermöglichen. Es darf nicht nur beim Kandidaten Status bleiben. Dafür haben zu viele Ukrainer ihr Leben gelassen, um die Ukraine aber auch um europäische Werte wie Demokratie zu verteidigen
Was ich überrasched und schön fand, war die Bereitschaft vieler Nachbarländer die ukrainischen Kriegsflüchtlinge aufzunehmen, und sie wirklich zu unterstützen. leider hat genau diese einstellung bei der „flüchtlingskrise“ 2015 gefehlt. Leider scheint es so, als würden Polen und Ungarn nur weiße Europäern helfen wollen…