Umweltschützer fordern Klimaschutz, statt umweltschädlicher Wirtschaft

Können umweltfreundliche Maßnahmen die europäische Konjunktur ankurbeln?

Um der europäischen Wirtschaft aus der Corona-krise zu helfen, hat die EU das größte Konjunkturpaket aller Zeiten angekündigt, den „europäischen Aufbauplan“. Insgesamt stellt die EU 1,8 Billionen Euro für die Erholung Europas bereit, mit dem Ziel ein „grüneres, stärker digital ausgerichtetes und krisenfesteres Europa“ zu schaffen. Dass gut 30% dieses Konjunkturpakets für den Klimaschutz und ein weiterer großer Anteil für andere Umweltmaßnahmen vorgesehen sind, wäre vor ein paar Jahren noch kaum denkbar gewesen. Umweltschutz und Wirtschaftswachstum galten lange Zeit als nicht kompatibel, und so manch scheint es immer noch zu denken. Der scheidende US-Präsident Trump hat die Klimaschutzmaßnahmen der Vereingten Staaten als eine „sehr, sehr teure Form der Steuer“ bezeichnet. Er behauptet, dass diese „grünen“ Maßnahmen nur China zugute kommen würden. Dort interessiere man sich nicht für Umweltschutz, was zu einem preislichen Vorteil für China auf dem Weltmarkt führen würde. Hat Trump Recht, wenn er sagt, dass Umweltschutz per se schlecht für die Wirtschaft ist?

Was denken unsere Leserinnen und Leser?

Unser Leser Dionis macht sich Sorgen, dass die Einführung von Umweltmaßnahmen in Europa dazu führen könnte, dass es gegenüber anderen Weltregionen wirtschaftlich benachteiligt sein wird.

Wir haben seine Frage an Kristalina Georgieva weitergeleitet. Sie ist die geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds und war zuvor Vize-Präsidentin der europäischen Kommission, zuständig für die Finanzplanung der EU. Wie hat sie auf Dionis Frage geantwortet?

Ja, Dionis ist zurecht besorgt, dass es zu einem Problem für Europas Wettbewerbsfähigkeit  werden könnte, sollten andere Teile der Welt weiter an sehr energieintensiven Industrien festhält. Aber ich würde das gerne umdrehen. Die Zuknft ist grün, die Zukunft ist kohlenstoffarm. Und dass Europa in stärker und auf einem hohen Niveau in Forschung und Entwicklung investiert, wird es zu einem Gewinner im Wettbewerb um die Wirtschaft der Zukunft machen. Deswegen denke ich aber auch, dass es wichtig ist anzuerkennen, dass manche Teile der europäischen Geselleschaft davon beeinträchtigt sein werden. Europa sollte sich damit befassen, dass die Wende fair geschieht. Gleichzeitig hat Europa auch eine sehr starke Stimme auf der globalen Bühne, inklusive meiner Organisation (dem IWF), wo es dafür appelliert, dass jeder das Richtige tut. Wir tun das auch und wir appellieren nicht nur auf Basis von Emotionen, sondern mit der Sprache der Wirtschaft.

Einen weiteren Kommentar erhielten wir von Jana. Sie freut sich darüber, dass „der alte Mythos, dass Nachhaltigkeit und ökonomischer Wandel sich gegenseitig ausschließen, endlich auszusterben scheint“. Hat Jana Recht?

Janas Kommentar haben wir an Manfred Mühlberger weitergeleitet. Er ist Experte für nachhaltige Entwicklung, Umweltmanagement, Energie- und Mobilitätssysteme bei Ecopreneur.eu, dem europäischen Verband für nachhaltige Wirtschaft. Was denkt er?

Wenn man sich den alten wirtschaftswissenschaftlichen Mainstream anschaut, dann stellt man fest, dass viele diesen Konflikt tatsächlich noch sehen. Auf der anderen Seite gibt es eine sehr starke Bewegung, die sehr ehrlich und offen anerkennnen, dass es notwendig ist die Wirtschaft in eine  nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu verwandeln. Doch um diese Differenzen im Denken zu überbrücken, müssen wir die Marktbedingungen ändern. Das ist am wichtigsten, dass wir die Marktbedingungen zugunsten von nachhaltigen Firmen verändern, anstatt diesen Firmen auch noch Hürden in den Weg zu legen, wie es zurzeit der Fall ist. Wir brauchen die Gleichen Wettbewerbsbedingungen für traditionelle und nachhaltige Unternehmen. Auf diese Weise können wir das alte Denken überkommen, dass für die Umwelt in der Wirtschaft kein Platz ist, wenn man erfolgreich sein möchte.

Schließen sich Umweltschutz und wirtschaftlicher Erfolg gegenseitig aus?

Würde ein „grüner“ Aufbauplan der europäischen Wirtschaft gegenüber China und den USA schaden? Denken Ökonomen immer noch, dass Umweltfreundlichkeit und wirtschaftlicher Erfolg sich widersprechen? Was denkt ihr? Schreibt uns!

Foto: Photo by Markus Spiske on Unsplash. Portrait: World Bank Group/ Grant Ellis. © ETA Umweltmanagement.

Diese redaktionell unabhängige Debatte wurde von der Cariplo Stiftung finanziert. Mehr dazu in unserem FAQ.

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3 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare

Was denkst du?

  1. avatar
    Maja

    Das Poster sagt es schon richtig: Unser Planet ist wichtiger als der Profit von wenigen. Ich denke nicht, dass es unmöglich ist, wirtschaftlich erfolgreich und nachhaltig zu sein, aber so wie es im Moment läuft kann es auf gar keinen Fall weiter gehen.

  2. avatar
    Felix

    Nicht im Kapitalismus. Wer bei uns am rücksichtslosesten wirtschaftet (Mensch und Umwelt gegenüber), der macht den größten Profit und bietet die kleinsten Preise an. und kann so über seine Konkurrenten, die nachhaltiger arbeiten, gewinnen.. pervers.

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