
Immer mehr Männer entscheiden sich für Elternzeit
In Deutschland wurde das neue Elterngeldmodell im Jahr 2007 eingeführt. Demnach können sich Vater und Mutter gemeinsam 14 Monate aufteilen. Zu Beginn probierten das gerade mal drei Prozent der Männer aus, zehn Jahre später sind es schon 37 Prozent. Eine beachtliche Veränderung, dennoch bleibt Elternzeit größtenteils Frauensache: mehr als neun von zehn Müttern pausieren, darüber hinaus nehmen sie sehr viel mehr Monate als die Väter. Die zwei Monate extra, die das Paar erhält, wenn beide in Elternzeit gehen, scheinen sich als „Vätermonate“ zu etablieren. Das ist sicher besser als nichts, vor allem da schon eine kurze Elternzeit von Papa bewiesenermaßen dazu führt, dass er auch langfristig mehr Zeit mit seinen Kindern verbringt als der Durchschnittsvater. Andererseits ist das keine gleichberechtigte Aufteilung. Was müsste sich ändern, um mehr Eltern dazu zu motivieren?
Elternzeit bleibt zum größten Teil Müttersache
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat in einer Studie herausgefunden, dass die Männer vor allem negative Folgen für ihr Einkommen und die Karriere befürchten. Die Angst ist nicht unbegründet, die meisten Mütter haben diese Erfahrung bereits gemacht. Sind dann nicht doch die Rahmenbedingungen zu ändern? Familienpolitisches Vorbild Schweden macht es wieder einmal vor: Hier gehen die Väter mit 42 Prozent überdurchschnittlich oft in Elternzeit, Lohneinbußen für Mütter lassen sich kaum feststellen. Eine gewisse Zeit ist nur für Väter reserviert und der Lohnausgleich ist höher als in Deutschland. Wäre das auch eine Lösung für Deutschland?
Was denken unsere Leserinnen und Leser?
Leser Dave ist der Meinung, dass die Elternzeit verpflichtend für beide Elternteile aufgeteilt werden sollte. Nur dann würden Arbeitgeber „das gleiche Risiko“ bei der Einstellung von Männern und Frauen eingehen. Kann man Eltern zu ihrem Glück aber zwingen?
Wir haben Pascual Martinez um eine Einschätzung zu Daves Vorschlag gebeten. Er ist Interessenvertreter bei COFACE Familien Europa, die sich für eine bessere Work-Life-Balance und daher auch für Väter in Elternzeit einsetzen.
Weder meine Organisation noch ich persönlich wollen jemanden dazu zwingen, Elternzeit zu nehmen. Gesellschaftliche Veränderungen brauchen ihre Zeit, sie kommen aber nicht aus dem Nichts, sie brauchen meist eine gesetzliche Grundlage. Jetzt sind es meistens Frauen, die ihre Karriere unterbrechen oder ihren Job aufgeben, um sich um Kinder und pflegebedürftige Angehörige zu kümmern. Es sollte keinen Zwang für Männer geben, es ihnen gleichzutun. Sie sollten aber durch Gesetze, Anreize und Rahmenbedingungen an ihrem Arbeitsplatz dabei unterstützt werden. Männer werden oft auch am Arbeitsplatz diskriminiert, wenn sie zum Beispiel Elternzeit nehmen wollen. Aber wir sehen positive Veränderungen. So hat EU-Kommissarin Helena Dalli im März eine Strategie für mehr Chancengleichheit verabschiedet, die genau solche Anreize für Männer schafft, familienbedingte Auszeiten zu nehmen. Es gibt immer mehr Rechte für Väter, Studien weisen jedoch darauf hin, dass diese Rechte oft nicht in Anspruch genommen werden. Die Männer scheinen vor allem finanzielle Einbußen zu fürchten. Unsere Forderung ist daher, dass Elternzeit adäquat finanziell kompensiert werden muss. Solange das nicht der Fall ist, werden weiterhin vor allem Frauen die Auszeit nehmen, da sie im Schnitt weniger verdienen. Ein Elternpaar wird schließlich eher dazu neigen, auf das geringere Einkommen zu verzichten. Dadurch haben sie nicht wirklich die Wahl und es wird sich auch kaum etwas ändern.
Sollten Väter genauso viel Elternzeit bekommen wie Mütter?
Wird es bei dem deutschen Elterngeldmodell irgendwann von selbst dazu kommen, dass sich Paare ihre Elternzeit aufteilen oder braucht es mehr Anreize? Habt Ihr Eure Elternzeit genommen oder habt Ihr es vor? Unter welchen Bedingungen würdet Ihr Elternzeit nehmen?
Foto: Bigstock © Anna Kraynova; Portrait: Martinez © coface
6 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare
Vom Gesetzgeber ist das schon lange vorgesehen. Es ist aber wegen des immer noch substanziellen Unterschieds zwischen der Bezahlung von Männern und Frauen für viele Paare ökonomischer, wenn Männer nicht in Elternzeit gehen, sondern Frauen. Wenn der Mindestlohn angehoben würde, könnte das die Situation ändern
Ich bin zum zweiten Mal in voller Elternzeit und es ist wiedermal eine sehr gute Erfahrung.😍 Wünsche mir für andere Väter keine finanziellen Einbußen & das ihnen der Arbeitsplatz erhalten bleibt. Liebe Grüße aus der Küchenfront!
Warum nicht, so können beide präsent für die Berufswelt bleiben und niemand kann dem anderen was vorwerfen…
Das sollte normal werden…
Ohne wenn und aber, ja, diese Möglichkeit sollte es geben.
eine/geringe finanziellen Einbußen im Vergleich zu einer anderen Aufteilung.
Keine Widerstände von Arbeitgeber*in, oder Partnerin.
„Gesellschaftliche Veränderungen brauchen ihre Zeit, sie kommen aber nicht aus dem Nichts, sie brauchen meist eine gesetzliche Grundlage.“