
Die USA haben ein sehr gutes Gesundheitssystem – wenn man es sich leisten kann
Doch während der Pandemie hat das weitgehend private Gesundheitssystem Amerikas ernsthafte Probleme. Obwohl sie im Kampf gegen COVID-19 an vorderster Front stehen, verlieren viele US-Krankenhäuser jetzt täglich Millionen von Dollar, da sie gewinnbringende Operationen absagen müssen, um Platz für die weniger lukrative Arbeit der Behandlung von Coronavirus-Patienten zu schaffen. Es erscheint absurd, dass Mitarbeiter im Gesundheitswesen gerade massenhaft ihre Arbeitsplätze verlieren, aber genau das passiert, wenn Kosten eingespart werden müssen.
In Europa ist die Gesundheitsversorgung weitgehend kostenlos.
Natürlich kann man darüber streiten, was „kostenlos“ bedeutet, am Ende muss der Steuerzahler die Rechnung bezahlen. Dennoch gibt es einen klaren Unterschied zwischen dem Ansatz in Europa und den der USA. Könnte die andauernde Pandemie die USA dazu ermutigen, ein „europäischeres“ System zu wählen, wenn es um die Gesundheitsversorgung geht?
Was denken unsere Leserinnen und Leser?
Wir haben einen leidenschaftlichen Kommentar von Leserin Muriel erhalten, die der Meinung ist, dass die Gesundheitsversorgung zu den Grundbedürfnissen wie ein Dach über dem Kopf, Nahrung und Wasser zählt und daher bedingungslos garantiert werden sollte. Hat sie recht?
Um eine Antwort zu erhalten, haben wir Muriels Kommentar Francesca Colombo, Leiterin der Gesundheitsabteilung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, vorgelegt. Stimmt sie Muriel zu?
Nun, Muriel, du hast insofern völlig Recht, als dass jeder Mensch auf unserem Planeten das Recht auf einen Zugang zu einem guten Gesundheitssystem hat, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion oder politischer Überzeugung. Ich denke, die Corona-Krise hat wirklich gezeigt, wie wichtig es ist, eine angemessene Finanzierung der Gesundheitsdienste sicherzustellen, damit auch die Schwächsten geschützt sind.
Ich möchte auch hervorheben, dass es im September 2019 eine Erklärung der Generalversammlung der Vereinten Nationen zur allgemeinen Gesundheitsversorgung gab, welche die universelle Gesundheitsversorgung als einen nächsten Meilenstein für unsere Gesellschaften und Volkswirtschaften festgelegt hat. Eine universelle Gesundheitsversorgung bedeutet, dass alle Menschen Zugang zu medizinischer Versorgung und zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung haben sollen, ohne finanzielle Härten hinnehmen zu müssen. Es bedeutet, dass der Einzelne Zugang zu Gesundheitsdiensten haben sollte, ohne deshalb in Armut gedrängt zu werden.
Unser Leser Hugo vertritt eine ganz andere Meinung: Er glaubt, dass die Gesundheitsversorgung in der Verantwortung des Einzelnen liegt und „nur die Faulen keine Gesundheitsversorgung haben“.
Wir fragten Wirtschaftsprofesssor Lee Ohanian an der Universität von Kalifornien in Los Angeles (UCLA), was er von Hugos Argument hält.
In freien Gesellschaften – wie in den Vereinigten Staaten, Europa, Australien und vielen anderen Ländern – schätzen wir alle sehr, dass Freiheit mit Verantwortung einhergeht. Wir treffen unsere eigenen Entscheidungen, wir haben die Möglichkeit und die Verantwortung, unsere eigenen Entscheidungen zu treffen, und wir tun dies weise, denn wenn wir es nicht tun, wird es jemand anderes für uns tun. Das ist also ein wichtiger Punkt, der hinter jeder vernünftigen Diskussion über jede Ware oder Dienstleistung steht, die wir kaufen.
Was Europa betrifft, so haben die Kunden keinen wirklichen Anreiz, nach den besten Angeboten im Gesundheitswesen zu suchen. Sie kämpfen mit den Kosten, weil zum Beispiel der NHS [Gesundheitssystem in Großbritannien] und ein großer Teil von Europas Gesundheitswesen einfach nicht den Prinzipien der Ökonomie gehorcht.
Ja, Europa kann einiges von den USA lernen, die USA können einiges von besseren Wirtschaftsprinzipien lernen, und ich denke, beide Standorte können viel mehr tun, wenn es darum geht, die Verbraucher im Gesundheitswesen zufrieden zu stellen und nicht so viele Ressourcen zu verschwenden.
Sollte die Gesundheitsfürsorge für alle kostenlos sein?
Ist die Gesundheitsfürsorge so sehr ein Grundbedürfnis wie eine Unterkunft, Nahrung und Wasser? Oder sollte die Gesundheitsversorgung wie ein Produkt behandelt werden, das durch Effizienz und Wettbewerb zwischen den Anbietern besser wird? Ein „kostenloses“ System müssen wir alle zusammen finanzieren, ist es das wert?
Diese redaktionell unabhängige Debatte wurde von der Cariplo Stiftung finanziert. Mehr dazu in unserem FAQ.

6 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare
Ja ….sollte es . Wenn man genau darüber nach denkt,ist es schon etwas krank mit Kranken Gewinn erzielen zu wollen. Etwas extremer ausgedrückt,wer’s Geld hat überlebt länger ……
Wir hätten mal ein echt gutes Renten- und Gesundheitssystem
dann brauchst du ja keine Rente
….erst mal so Alt werden . Wo genau habe ich gesagt ….keine Rente zu brauchen???
Das es insgesamt nicht Rund läuft ist noch zu übersehen . Es ist auch kein Problem das die Einkünfte unserer Politiker steigen oder deren Pensionen 75% bleiben . Was fehlt ist ein System in die ALLE einzahlen und JEDER was daraus bekommt …..
Alle müssen arbeiten aber nicht wenn nicht arbeitende belohnt werden statt in Arbeit zu bringen …. das schafft nur SPD sonst keine ….. radikale Ziele und du verlierst Wähler
Es ist OK so, Die Privatversicherten bezahlen eigentlich die teuren Geräte.
Wird es denn durch „Effizienz und Wettbewerb“ besser? Ich glaube kaum.