
Alle arbeiten gerade im Homeoffice – auch Diplomaten
Diplomaten werden von ihrer Regierung entsandt, um die Interessen ihres Landes gegenüber anderen Staaten und in internationalen Organisationen zu vertreten. Darüber hinaus halten sie ihr Heimatland darüber auf dem Laufenden, was im Ausland geschieht. Heute haben wir weltweit den Zugang zu lokalen Nachrichten und können über die sozialen Medien mit theoretisch jedem Menschen in Kontakt treten, der über einen Internetzugang verfügt. Es ist in Echtzeit verfügbar, was auf der anderen Seite der Welt geschieht. Die Politik aber auch jeder einzelne von uns kann direkt reagieren. Die Coronamaßnahmen zeigen jetzt, dass die Arbeit der Diplomaten sogar ohne persönlichen Kontakt möglich ist – natürlich sind auch sie im Homeoffice und halten internationale Treffen über Videokonferenzen ab. Daher stellt sich die Frage: Werden klassische Diplomaten vor Ort überhaupt noch gebraucht?
Was denken unsere Leserinnen und Leser?
Wir haben einen Kommentar von Stadex erhalten, der darauf hinweist, dass die weltweiten Missionen der Diplomaten schädlich für das Klima und den öffentlichen Haushalt sind. Ließen sich nicht eine Menge Emissionen und Geld sparen, wenn sie in Zukunft von zuhause aus arbeiteten?
Für eine Antwort auf Stadex Frage, sprachen wir mit Professor Corneliu Bjola, der diplomatische Studien an der Universität Oxford unterrichtet. Glaubt er, dass die Diplomatie digitalisiert werden kann?
Das geschieht bereits! Wegen der Pandemie wurden viele Gespräche online geführt – sogar das G-20-Treffen und das G-7-Treffen fanden online statt. Es gibt gerade zwei Denkrichtungen: Die traditionelle Schule umfasst diejenigen, die seit langem in der Diplomatie tätig sind. Für sie sind persönliche Treffen wichtig und sie haben recht. Warum ist das wichtig? In der Diplomatie geht es um den Aufbau einer Beziehung, was nicht sehr transaktional ist. Heutzutage ist vieles in der Diplomatie transaktional, aber eine erfolgreiche Diplomatie bedeutet, dass Sie eine Beziehung zu einem beliebigen Partner aufbauen können. Auch wenn Sie mit einem bestimmten Land nicht einverstanden sind, müssen Sie eine Beziehung entwickeln, auch wenn die Interessen unterschiedlich sein können. Das hat Kissinger in den siebziger Jahren mit seiner Haltung gegenüber China gezeigt. Persönliche Treffen helfen dabei, Vertrauen aufzubauen. Wenn sich Menschen im selben Raum befinden, können sie sich gegenseitig lesen, Sie können Signale auffangen, sie können einen gemeinsamen Ansatz entwickeln, und das ist wichtig.
Jetzt sehen wir andererseits, dass die Technologie die Art und Weise der Diplomatie verändert. Die Zukunft hält einige interessante Entwicklungen bereit. Wir werden sicher mehr digitale Sitzungen abhalten, weil wir Informationen austauschen müssen. Es bleibt die Frage, inwieweit wir Geschäfte machen können ohne diese Elemente von persönlichen Beziehungen und Vertrauen. Noch viel interessanter wird aber der Einsatz künstlicher Intelligenz. Traditionell wurde Wissen und Erfahrung durch die Verwaltung bestimmter Dossiers und Akten erworben. KI könnte das ergänzen und verbessern, wenn man sie als Unterstützung in einem Treffen hätte, statt der Akte unter einem Arm.
Werden Diplomaten noch vor Ort gebraucht?
Lässt sich die Arbeit der Diplomaten auch im Homeoffice erledigen oder ist der persönliche Kontakt die Voraussetzung für gute internationale Beziehungen zwischen Ländern? Was denkt Ihr?
Foto: BigStock (c) Mangostar
2 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare
Heute könnte jeder Mensch ein wenig Diplomat sein, also seinen Herkunftsbereich und Kultur in einer anderen Region vertreten. Allerdings ist dann eine passende und gerechte Regelung der Sprache notwendig. #Esperanto bietet sich als neutrale Sprache geradezu an.
Das ist überfällig, allein der Verbrauch von Flugzeugen damit sich Staatsoberhäupter an einem Ort treffen und dann die ganzen Kosten nur für deren Sicherheit. Digital ist billiger und sicherer, nur Deutschland macht sich bei diesem Thema peinlich, wobei, wie viele Maschinen der deutschen Flugbereitschaft sind so in den letzten Jahren liegen geblieben?