Bundesministerin Karliczek hat Eure Fragen zur Bildung beantwortet.

Bildung wurde schon immer heiß diskutiert

Die Coronapandemie hat unser aller Alltag dramatisch verändert – nach und nach stehen auch die Politikbereiche auf dem Prüfstand. Welche Reformen waren überfällig, wo braucht es mehr Investitionen und was sind unsere Prioritäten?

Bildung als Allheilmittel

Dabei wurde Bildung schon immer heiß diskutiert. Bildung soll Allheilmittel für fast alle großen gesellschaftlichen Herausforderungen sein: sinkendes Vertrauen in die Demokratie, die Integration von Geflüchteten, Klimakrise, Digitalisierung und die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich –  die Bildung soll es richten und unsere Kinder auf die Zukunft vorbereiten. Damit sind die Forderungen an unser Bildungssystem hoch gesteckt. Bei den Zielen herrscht meist auch Einigkeit, jedes Kind in Deutschland soll die gleichen Chancen erhalten. Wie das erreicht werden kann, ist jedoch politisch sehr brisant, denn die Ressourcen sind begrenzt. So hat die Coronapandemie und die daraus folgenden Maßnahmen deutlich gemacht, wo Deutschlands Schulen bei der Digitalisierung stehen.

Was denken unsere Leserinnen und Leser?

Durch die Coronamaßnahmen haben viele Schüler die letzten Wochen von Zuhause aus gelernt, abhängig von der Infrastruktur, mehr oder weniger digital. Unser Leser Paul sieht Onlinelearning sehr kritisch, er glaubt, dass wir durch das Internet „verdummen“. Wie können wir die Qualität der Onlinelehre sicherstellen?

Wir stellten der Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek Eure Fragen!

In der augenblicklichen Corona-Krise kann digitales Lernen helfen, Unterrichtsausfälle abzufedern. In Deutschland wollen wir daher die Möglichkeiten für digitalen Unterricht schnell weiter ausweiten. Bund und Länder stellen kurzfristig gemeinsam Finanzmittel bereit, um die Infrastruktur auszubauen und für eine begrenzte Zeit auch Lizenzen für die Nutzung digitaler Lernprogramme anzuschaffen. Wir wollen, dass das Lernen zu Hause unter den aktuellen Umständen so gut wie möglich funktionieren kann. Es beeindruckt mich sehr, wie schnell und flexibel sich Lehrende, Schülerinnen und Schüler und auch Eltern auf die aktuelle Lage eingestellt haben. Alle geben ihr Bestes. Das ist bewundernswert und lässt mich zuversichtlich sein, dass wir diese Situation gemeinsam meistern.

Natürlich ist ein reines Online-Lernen am Bildschirm zu Hause keine Dauerlösung. Schule umfasst so viel mehr – vor allem das Erlernen eines sozialen Miteinanders. Es geht um Anerkennung, gemeinsames Lernen, das Lösen von Konflikten, Motivation. Dabei wird wegen des Internets an sich niemand „verdummen“. Aber es kommt darauf an, die Möglichkeiten, die uns das Netz bietet, richtig nutzen zu können. Gerade weil diese so komplex und unübersichtlich sind, legen Bund und Länder Wert darauf, dass die erforderliche Medienkompetenz vermittelt wird. Wer es kundig nutzt, wird im Internet sehr viel Wissen finden. Wer mit Unkenntnis daran geht, läuft Gefahr, auf Fake News und anderen Schwindel hereinzufallen.

Unsere Leserin Liz glaubt kaum, dass ein inspirierender Lehrer durch Onlinelehre ersetzt werden kann. Woran müssen Eltern denken, wenn sie ihre Kinder zuhause unterrichten?

Ich möchte noch einmal betonen: Der digitale Unterricht kann und wird den Präsenzunterricht nicht ersetzen – schon gar nicht eine inspirierende Lehrerin oder einen inspirierenden Lehrer. Digitale Angebote können aber eine sinnvolle Ergänzung sein. Und aktuell haben sie aufgrund der Schulschließungen natürlich eine besondere Bedeutung.  

Und ein wichtiger zweiter Punkt: Ich denke, es ist wichtig, den Eltern ein wenig Druck zu nehmen. Niemand erwartet von ihnen, dass sie unsere pädagogisch und fachlich umfassend ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer ersetzen. Dafür hätten sie auch gar nicht die Zeit – viele müssen ja aufgrund der Corona-Pandemie zu Hause arbeiten. Ihre wichtigste Aufgabe ist es nach meiner Überzeugung auch jetzt, Kindern Geborgenheit zu vermitteln, für sie ansprechbar zu sein und sie mit ihren Fragen und Ängsten nicht alleine zu lassen. Ganz grundsätzlich kann dabei eine gute und verlässliche Tagesstruktur zusätzlich für Stabilität sorgen und zu einer geeigneten Lernumgebung beitragen.

Als Bundesregierung versuchen wir, hier bestmöglich zu unterstützen. Zum Beispiel konnten bislang viele Schulen nicht auf eine landeseigene Schul-Cloud zugreifen. Deshalb stellen wir die von meinem Ministerium geförderte Schul-Cloud des Hasso-Plattner-Instituts bei Interesse nun auch diesen Schulen zur Verfügung. Bis dato hatten lediglich Pilotschulen im Rahmen eines Fördervorhabens Zugriff. Die Schul-Cloud ermöglicht es Schülerinnen und Schülern sowie Lehrenden Unterrichtsmaterialien schul- und fächerübergreifend abzurufen – jederzeit und von jedem Ort. Außerdem ist Partner- und Teamarbeit möglich. Das ermöglicht auch in der aktuellen Situation des Heimunterrichts eine Art ‚digitalen Klassenverbund‘.

Schon vor der Schließung von Schulen und Universitäten hat unser Leser Luca mehr Flexibilität und Digitalisierung in der Bildung gefordert. Zwingt uns die Coronapandemie jetzt dazu? Werden die Maßnahmen unser Bildungssystem, Universitäten und Schulen auch langfristig verändern?

Aufgrund der Corona-Pandemie sehen wir gezwungenermaßen, wo wir mit Blick auf die Digitalisierung – etwa in der Bildung – wirklich stehen und wo wir Nachholbedarf haben. Gleichzeitig erleben wir eindrücklich, welche enormen Möglichkeiten uns digitale Instrumente bieten. Das fängt beim Homeoffice an und zeigt sich natürlich auch bei digitalen Unterrichtsmöglichkeiten in Schulen und Hochschulen. Aktuell probieren Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit ihren Lehrerinnen und Lehrern viele neue Formate des digitalen Lernens aus. Einiges wird sich bewähren, anderes vermutlich später auch wieder verworfen werden, weil es vielleicht nur in der aktuellen Ausnahmesituation nötig war. Aber mit Sicherheit werden wir aus dieser Zeit viele wichtige Impulse für die Umsetzung digitalen Unterrichts mitnehmen. Dies sollten wir vor allem als Chance begreifen: Wenn wir ganz praktisch erfahren, wie nützlich digitale Lernangebote sein können, kann dies zu einem echten Mentalitätswechsel in Deutschland beitragen. Für mich ist ganz klar: Nach der Krise müssen wir die Digitalisierung der Schulen in unserem Land unbedingt energischer als bisher vorantreiben.

Wird die Coronapandemie unsere Bildung digitalisieren?

Ist ein großer Schritt Richtung Digitalisierung erzwungenermaßen geschafft oder wird die Onlinelehre vergessen, wenn die Schulen wieder öffnen dürfen? Was denkt Ihr?

Foto: BMBF © Laurence Chaperon



9 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare

Was denkst Du?

  1. avatar
    Petr

    Nö, Deutschland hat es innerhalb eines Jahres es nicht geschissen bekommen die Schulen vollständig auf digitalen Unterricht umzustellen, allein das ist peinlich.
    In China wurden während der ersten Welle, die Schüler von Zuhause unterrichtet, in dem die Lehrer zur Schule gingen und per Kamera Livestream an der Tafel unterrichteten. In Deutschland scheinbar unmöglich..

  2. avatar
    Hermann

    Eigentlich peinlich. Jeder zehnjährige bekommt auf Anhieb Gruppenvideochats auf WhatsApp hin. Und das gesamte Kultusministerium, die Schulämter, Rektoren, Lehrer… ach so gebildete und von sich vereinnahmte Akademiker, bekommen was hin? Gar nichts. Vielleicht sollten wir Zehnjährige unterrichten lassen.

  3. avatar
    Fabian

    das würde ich so nicht unterschreiben gerade junge Referendare die frisch einsteigen fragen sich wo ist die Infrastruktur die wir dafür brauchen hier ist es am Gesetzgeber diese entsprechend zu schaffen und an den schulträgern diese zu bauen , wenn einzelne Länder das nicht machen können die Lehrer ja nichts dafür die arbeiten mit dem was Sie haben .

  4. avatar
    Hermann

    Der Gesetzgeber ist nur das halbe Problem. Das eigentliche Problem sind Lehrerinnen 40+, die irgendwo zwischen Technologieverweigerung und „Burnout“ stecken. Erlebe ich gerade selbst reihenweise.

  5. avatar
    Fabian

    aus meinem privaten Umfeld erlebe ich das Gegenteil wo ich mit vielen Referendarinnen spreche die sich fragen wieso wird so wenig Geld in die Bildung aber so viel Geld in die rüstung gesteckt finde den Fehler,

  6. avatar
    Hermann

    Nur müssen Referendare erst mal das Referendariat überstehen. In meinem Umfeld wurde mehreren jungen Leuten nahegelegt, sich einen anderen Job zu suchen, weil sie nach Modernisierung und Veränderung fragten.

  7. avatar
    Fabian

    klar weil fragten wann kommt die Digitalisierung endlich in den Schulen an als ehemaliger Schulsprecher von zwei Schulen aus zwei Bundesländern kenne ich solche Debatten zu gut und da haben die armen Mitarbeiter im Schulamt oder Ministerium Angst unangenehme Wahrheiten auszusprechen ist doch klar wie das läuft .

  8. avatar
    Hermann

    Mir geht es eher darum, dass viele junge, engagierte Referendare an dem Beton in den Köpfen älterer Lehrkräfte scheitern. Es ist ein Zusammenspiel zwischen fehlendem Geld und mangelnder Entscheidungsfreude bei Verantwortlichen. Man müsste sich mal die politisch Verantwortlichen ansehen, die in den jeweiligen Ländern den Hemmschuh spielen.

  9. avatar
    Lena

    Vielleicht müssen wir uns hier ein paar kreative Lösungen überlegen. Könnte man nicht digitale Platformen, die während der Lockdowns errichtet wurden nutzen, um Lehrermangel auszugleichen? Freie Lehrkräfte von anderen Schulen könnten so Unterrichtsstunden flexibel übernehmen. Und wäre es nicht möglich einfach jedem anzubiten, das Jahr zu wiederholen, ohne, dass es irgendwo vermerkt wird?

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