Essen spielt in jeder Religion eine wichtige Rolle – wird es Ersatzreligion?

Jede Woche gibt es einen neuen Ernährungstrend

Vor kurzem sollte man sich noch wie in der Steinzeit ernähren, davor war Fett böse und heute sind es Zucker und Kohlenhydrate. Menschen, die sich diesen Trends unterwerfen üben Verzicht und werden dafür gefeiert. Spätestens mit den sozialen Medien finden sich mit zwei Klicks dutzende Vorbilder, so tummeln sich Laien mit ihren Ernährungsgeboten im Netz und werden von ihren Anhängern verehrt, die an die Heilsversprechen glauben. Mit einer gesunden Ernährung basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, hat das nicht mehr viel zu tun. Ein Gott fehlt, doch der Vergleich mit Religion drängt sich auf, oder?

Das neue Abendmahl

Menschen wenden sich von Institutionen wie Kirchen, Parteien oder Gewerkschaften ab – vielleicht haben sie in ihrer Ernährung Ersatz gefunden? Bei Religion geht es nicht um wissenschaftliche Beweise, sondern eine Weltanschauung, individuelle Erfahrungen und Wertvorstellungen. Das „richtige“ Essen wird religiös verherrlicht – wer sich nicht an die Regeln der neuen Missionare hält, sollte sich schämen und im Fitnessstudio Buße tun.

Andererseits lockt zumindest in der westlichen Welt der Überfluss. Unsere Ernährung ist nicht nachhaltig, wir schaden uns mit Zivilisationskrankheiten durch hemmungslosen Genuss selbst und lassen andere Teile der Welt Hunger leiden. Ist es dann nicht richtig, seine eigene Ernährung zu überdenken?

Welche Meinung haben unsere Leser?

Wir erhielten einen Kommentar von Ivan, der zum Beispiel nicht gut auf Veganer zu sprechen ist. Er glaubt, dass sie allen ihre Ernährung aufzwingen wollen.

Wir fragten bei der Ernährungsexpertin Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung nach, ob solch ein Zwang Sinn machen würde und wie sie die Debatte um Ernährung einschätzt.

Ich kann Ivan gut verstehen, vegane Ernährung war ein Hype in den Medien, wurde viel diskutiert und der Anteil von Veganern hat in den letzten Jahren sicherlich auch zugenommen. Die Gründe dafür sind vielfältig, einige wollen weniger Massentierhaltung, andere mehr Nachhaltigkeit. Es sollte aber nicht dazu führen, dass Ernährung als Religion gesehen wird. Es darf nicht soweit kommen, dass jemand sagt, dass du ein schlechter Mensch bist, wenn du dich nicht vegan ernährst. Das wäre eine sehr einseitige Sichtweise. Es gibt ganz verschiedene Ernährungstrends, Essen wird als Identifikation und Zeichen der Herkunft gesehen und ist sicher auch Teil der Individualisierung. Aber wir sollten es nicht übertreiben. Man kann sich auch nachhaltig ernähren, ohne Veganer zu sein. Zum Beispiel wenn man viele pflanzliche Nahrungsmittel konsumiert und tierische in Maßen. Auch gibt die Datenlage bei Veganern nicht her, dass sie wirklich wegen ihrer Ernährung gesünder leben. Die vegane Ernährungsweise geht mit vielen gesundheitlich fördernden Faktoren einher. Meist sind Veganer sehr gesundheitsbewusst: Meist rauchen sie nicht, trinken kaum Alkohol und sind insgesamt körperlich aktiver. Diese Aspekte sind neben der Ernährung sehr wichtige Faktoren für unsere Gesundheit. Daher ist der alleinige Effekt der Ernährung nur schwer zu identifizieren, da unser gesamter Lebensstil für unsere Gesundheit relevant ist. Es wäre viel gewonnen, wenn sich Veganer und Nicht-Veganer gegenseitig akzeptieren und jeder prüft, wie er einen gesünderen Lebensstil führen kann.

Ist Essen unsere neue Religion?

Was denkt Ihr? Ist es gut, dass wir uns Gedanken über unsere Ernährung machen oder übertreiben wir? Schreibt uns Eure Meinung, um mit den Experten zu diskutieren!

Foto: Bigstock (c) BennyMarty; Portrait: DGE (c) Christian Augustin



4 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare

Was denkst Du?

  1. avatar
    Uloisius

    Nur um es mal gesagt zu haben: „Vegan“ ist nicht einfach nur eine Ernährungsform sondern eine Lebenseinstellung. Es ist der Versuch in allen Lebensbereichen ohne tierische Produkte auszukommen, kein Tier soll für den eigenen Lebensstil genutzt, gequält oder getötet werden. Also bitte nicht verwechseln mit irgendeiner Diät …

    • avatar
      Mohammed

      Was spricht dagegen das essen eine Religion ist?
      Yallah bitte schnell ist eine Hausaufgabe

  2. avatar
    Anne-Marie

    Für mich ist das eine Generationsfrage. Jüngere Leute sehen das doch entspannt und lassen sich gegenseitig in Ruhe während gerade ältere Leute meinen einen belehren zu müssen, wenn man sich z.B. vegetarisch ernährt. Wäre es nicht enttspannter für alle, wen man einfach die anderen akzeptiert und zusammen einen Weg findet, trotzdem gemeinsam essen zu können?

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