
Die Obdachlosenzahlen in Europa steigen seit der Finanzkrise 2008 stetig. Mit der Ausnahme Finnlands. Es ist das einzige Land Europas, in dem die Zahl der Obdachlosen tatsächlich abnimmt. Welche Strategie verfolgen sie?
Finnland folgt dem „Housing First“ Ansatz.
Das ist ein relativ neuer Ansatz in der Sozialpolitik, bei dem die eigene Wohnung für Obdachlose am Anfang und nicht am Ende des Prozesses steht. Normalerweise müssen Menschen auf der Straße mehrere Kriterien erfüllen, bevor sie „wohnfähig“ werden. Am Anfang steht meist der Drogenentzug, eine Notunterkunft, dann Übergangswohnungen und zum Schluss die eigenen vier Wände, in denen die Menschen dann allein zurechtkommen müssen. Bei „Housing First“ wird Obdachlosen zuerst die eigene Wohnung vermittelt und dann kontinuierlich Betreuung angeboten.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Obdachlosen wird direkt geholfen, die eigene Wohnung ist ein großer Anreiz für die soziale Integration, schafft eine sichere Umgebung, mindert die Kriminalität und die Betroffenen behalten ihre Autonomie. Acht von zehn „Housing First“ Teilnehmern bleiben dauerhaft in einer Wohnung. Auch die Gemeinde profitiert, die Zahl der Menschen, die auf der Straße leben, verringert sich um 30 Prozent, was wiederum Kosten für Notunterkünfte und Rettungsdienste senkt. Unterm Strich werden mit dem Ansatz gemeinschaftliche Kosten gespart.
Kritiker verlangen wiederum, dass Wohnungslose erst etwas leisten müssen, ehe sie eine Wohnung bekommen sollen. Auch ist die Obdachlosigkeit nicht vollständig behoben, noch immer haben rund 6.000 Finnen kein Dach über dem Kopf. Außerdem braucht „Housing First“ eine lange Zeit und viel Geld, um Früchte zu tragen. So begannen die Finnen bereits in den 1980er Jahren, diesen Ansatz umzusetzen.
Sollten wir jedem Obdachlosen eine Wohnung stellen?
Können wir von unseren skandinavischen Nachbarn lernen und die Obdachlosigkeit in ganz Europa verringern, indem wir das Modell „Housing First“ anwenden? Lässt sich Obdachlosigkeit ganz beseitigen? Schreibt uns, was ihr von dieser Sozialpolitik haltet und wir fragen bei den Experten nach.
2 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare
In Deutschland kann jeder Obdachlose eine Wohnung über das Jobcenter oder über die Grundsicherung bekommen. Zudem gibt es in den meisten Städten mehr Plätze in Unterkünften als Obdachlose.
Es gibt tatsâchlich Menschen, die keine Wohnung wollen doch jeder Mensch, der einexWohnung möchte, soll eine bekommen.