
Auf den ersten Blick kann das Thema Steuern ziemlich langweilig sein. Andererseits regen wir uns über kaum ein anderes Thema mehr auf. Es ist wohl das Wichtigste der Politik: Welche Steuern werden erhoben und wie werden sie ausgegeben? Darüber entbrennt leidenschaftlicher Streit – zuletzt über die CO2-Steuer oder die Besteuerung von Toilettenartikeln für Frauen.
Steuerpolitik hat schon Regierungen gestürzt, Monarchen abgesetzt und zu gewaltsamen Revolutionen oder Bürgerkriegen geführt. In Deutschland sorgt vor allem der internationale Vergleich für Unmut: Es gibt nur ein Land, das Arbeitnehmern noch mehr Steuern vom Brutto abzieht als Deutschland, nämlich Belgien. Während hierzulande fast 40 Prozent des Lohns abgezogen werden, sind es in der Schweiz gerade mal 17 Prozent. Wir leisten uns jedoch sehr Unterschiedliches von den Steuern, während in Deutschland vor allem die Sozialsysteme Kosten verursachen, setzten die Schweizer auf die private Vorsorge ihrer Bürger. Wäre das auch ein mögliches Modell für Deutschland?
Was denken unsere Leser darüber? Wir haben einen Kommentar von Peter erhalten, der sagt, dass er ein „faires Steuersystem haben will, in dem die Reichen mehr zahlen“. Andere argumentierten wiederum für mehr Investitionen in die Wirtschaft und Innovation, damit die gesamte Gesellschaft davon profitieren kann. Müssen wir uns entscheiden? Gibt es ein „ideales“ Steuersystem? Oder ist die Frage völlig subjektiv?
Um eine Antwort zu erhalten, sprachen wir mit Matthew Lesh, er ist Forschungsleiter des Adam-Smith-Instituts in Großbritannien.
[…] In Bezug darauf, ob das Steuersystem „fair“ ist und ob die Reichen genügend Steuern zahlen, ist es immer subjektiv, wie viel die Reichen zahlen sollten… Die Frage sollte lauten: Ist die Steuer in dem Sinne „fair“, dass sie Ungleichheiten beseitigt? Bis zu einem gewissen Grad sollte es so sein, dass sie je mehr Steuern zahlen desto mehr sie verdienen. Wenn wir ein gestaffeltes Einkommenssteuersystem haben, ist das Ergebnis von Natur aus umverteilungsfähig. Wir müssen jedoch vorsichtig sein, denn wenn man irgendwann anfängt, die Menschen zu sehr zu belasten, beseitigt man Anreize, um zu arbeiten und zur Wirtschaft beizutragen. Das ist in Frankreich passiert, als Spitzeneinkommen mit über 90% besteuert wurden. Die Betroffenen haben das Land verlassen oder aufgehört, auf diesen höheren Einkommensniveaus zu arbeiten. Mann muss also darauf achten, dass die Spitzenverdiener nicht so weit besteuert werden, dass es keinen Sinn mehr macht, ein Spitzenverdiener zu sein. Sonst fehlen der Regierung Einnahmen für Sozialprogramme, Gesundheitsfürsorge und Transfers. Ich denke, die Höhe der Einnahmen muss im Sinne des Wirtschaftswachstums maximiert werden und das Steuersystem darf der Wirtschaft nicht im Wege stehen.
Wir stellten auch Alex Cobham unsere Leserfrage, er ist Ökonom Tax Justice Network (Netzwerk für Steuergerechtigkeit). Müssen wir uns zwischen einem „fairen“ oder „wirtschaftsfreundlichen“ Steuersystem entscheiden?
Das ist eine absolut falsche Dichotomie. Es ist eine sehr altmodische Ansicht, dass Sie die Wahl haben zwischen einer Art neutraler Besteuerung, die das Wachstum unterstützt und einer progressiven Besteuerung, die die Ungleichheit verringert. Dieser Glaube geht auf die 1970er Jahre zurück. Aber alle Beweise der letzten 10 bis 20 Jahre zeigen, dass das Gegenteil der Fall ist. Wenn man eine hohe Ungleichheit hat, ist dies ein sehr ernstes Hindernis für das Wirtschaftswachstum. Die Art der Ungleichheit, wie wir sie heute in den Hochlohnländern haben, fordert eine progressivere Besteuerung, die die Ungleichheit verringert. Denn die Ungleichheit ist zu einer Wachstumsbarriere geworden. Das sind in gewisser Weise schlechte Nachrichten, da das bedeutet, dass wir uns in einer schlechten Position befinden. Andererseits können wir die richtigen Steuermaßnahmen ergreifen, eine progressivere Besteuerung umsetzen, um mehr Einnahmen zu erzielen und das Wirtschaftswachstum zu stärken. Es gibt also eine klare Lösung, Politiker müssen diesen Weg aber auch gehen und vermitteln, dass dies für alle von Vorteil sein wird, auch wenn es ihnen einige übel nehmen werden.
Wie sähe euer ideales Steuersystem aus? Müssen wir uns entscheiden, ob wir die Wirtschaft fördern oder umverteilen wollen oder lassen sich die beiden Aspekte vereinen? Wofür sollte der Staat Steuern ausgeben? Was denkt ihr?
Fotos: (cc) Pixabay – Wilfried Pohnke; Portraits : Lesh (c) ASI, Cobham (c) Tax Justice Network
5 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare
Da blicken nur die wenigsten durch, aber selbst ein Esel erkennt, dass wenn Amazon mit millarden Gewinn keine Steuern zahlt aber ein lokales Geschäft voll versteuert wird, dass mit Fairness soviel zu tun hat wie die Tatsache dass man uns mit von der layen infiziert hat, ohne dass sie irgendeinerweise vom europäischen Volk gewählt wurde. Deshalb werde ich gegen diese EU kämpfen bis es zerbricht und wir danach hoffentlich eine Demokratie haben dessen Namen man sich nicht schämen muss
Nein. Aber ein gerechtes.
Wie in einem Auto halt!
Darf man sich überhaupt noch dazu äußern?
Klaro!