Heutzutage dreht sich alles um Kreativität. Fähigkeiten wie kritisches Denken, Lösungsorientiertem Handeln, Teamarbeit und Kreativität werden von vielen Studien immer wieder als die Schlüsselkriterien zum Erfolg bezeichnet. Angesichts der unsicheren Wirtschaftslage und der weltweit wachsenden Konkurrenz, stellt sich die Frage, welche Fähigkeiten unsere Kinder in Zukunft benötigen, um erfolgreich zu sein?
Manche argumentieren, das Schulsystem sollte sich auf die “relevanten” Schulfächer konzentrieren wie Wissenschaft, Technik und Mathematik. Sie glauben, dass geisteswissenschaftliche Fächer wie Sprachen, Kunst und Musik eine untergeordnete Rolle spielen würden. Haben sie Recht? Oder sind Fächer wie Kunst und Musik wichtig für Kinder, um ihr kreatives Denken zu fördern?
Was sagen unsere Leser?
Christos argumentiert, dass es wichtig ist, Kunst zu unterrichten, weil sie die Kreativität in den Schülern fördert. Hat er Recht? Wie wichtig ist Kunst für die Erziehung unserer Kinder?
Das haben wir Susan Aykin gefragt, Leiterin für Bildende und Darstellende Künste bei Ofsted (Behörde für Bildungsstandards, Dienstleistungen und Fähigkeiten für Kinder) Großbritannien. Was sagt sie zu dazu?
Ja Christos hat Recht. Kunst ist im Lehrplan von entscheidender Bedeutung. Als qualitätssichernde Kontrollinstanz haben wir einen klaren Auftrag, wenn wir uns Schulen ansehen und bewerten, wie breit, ausgewogen und kreativ der Lehrplan ist. Wir bewerten die Qualität des Unterrichts in Kunst, Tanz, Schauspiel, Musik – also allen „kreativen“ Schulfächern.
Kunst hilft den Kindern dabei, ein Wissen und Verständnis für bestimmte Kunst zu entwickeln, wodurch sie ihre Vorstellungskraft stärken und dazu in der Lage sind, eigene Lösungsansätze und Interpretationen zu finden. Das ist sehr wichtig.
Kunst hilft auch dabei, ein breiteres Verständnis für anderer Lehrfächer zu schaffen. Die Schüler lernen, die Interpretationsentscheidungen zu bewerten, die ein Künstler bei der Erstellung seines Kunstobjektes getroffen hat. Und so verstehen sie auch, die Entscheidung eines Wissenschaftlers zu interpretieren, die er unter Berücksichtigung seiner Forschungsergebnisse treffen konnte. Eine umfassende Bildung ist also äußerst wichtig.
Für eine weitere Perspektive haben wir zudem Síne Friel von der Irischen Lehrer Organisation (INTO) gefragt. Was sagt sie zu Christos?
Pablo Picasso sagte eins: ‚Jedes Kind ist ein Künstler. Das Problem besteht darin, ein Künstler zu bleiben, wenn man groß wird.“ Es ist unglaublich wichtig, Kindern den Raum zu geben, sich auszuprobieren, zu erforschen und kreativ zu sein. Leider werden Kunst und andere „kreative“ Fächer bei einer Überlastung der Lehrpläne häufig zugunsten „bewertbarer“ Fächer rausgestrichen. Kunst ist ein wichtiger Teil einer ganzheitlichen Erziehung und bietet ein Mittel zur Selbstdarstellung, die Worte allein nicht bieten können.
Nicht alle unserer Leser sind dieser Meinung. Paul zum Beispiel findet es sinnlos Kreativität unterrichten zu wollen, weil es vom “natürlichen Talent” eines Schülers abhängt. Er sagt, man kann einem Kind im Unterricht lehren, wie man einen Pinsel benutzt, aber wenn kein Talent vorliegt, hilft das alles nichts.
Was sagt Susan Aykin von Ofsted dazu?
Ich finde der Begriff “Naturtalent” ist streitbar. Natürlich gibt es Menschen, die für Kunst und Kreativität affin sind. Aber woher kommt das? An einem bestimmten Punkt und durch verschiedene Einflüsse wurde diese Affinität geboren, sei es durch das Schulsystem oder durch externe Einflüsse. Es dreht sich also nicht notwendigerweise um das Lehren von Kreativität als ein abstraktes Konzept, sondern explizit um das Vermitteln von Wissen, Fähigkeiten und das Verständnis tieferliegender Konzepte, die eine starke Grundlage bilden, auf der Kinder und Jugendliche ihre eigenen Interpretationen und Verständnis dieser Konzepte entwickeln können und eigene Lösungsbeispiele hervorbringen.
Daher ist es wichtig, eine wirklich starke Grundlage für diese tieferliegenden Themen zu schaffen, die dann dazu beitragen, die angeborene Kreativität von Kindern zu entfachen. Denn als Menschen sind wir von Natur aus kreativ. Kreativität kann über Umwege gelernt werden, nicht als abstraktes Konzept, aber mittels eines starken Bildungssystems.
Und was sagt Síne Friel von der Irischen Lehrerorganisation zu Paul?
Ich stimme mit Pauls Kommentar grundsätzlich nicht überein. Es gibt sicherlich künstlerische Techniken, die man lehren kann, aber zu sagen, dass „wenn es kein natürliches Talent vorliegt, dann kann daraus nichts werden“, wird dem weiteren Sinn der Kunst nicht gerecht. Der Zweck von Kunst in der Bildung besteht nicht darin, Weltkünstler hervorzubringen, sondern die Schüler für innovatives Denken zu öffnen. Der Wert liegt nicht nur im Endprodukt, sondern im Prozess.
Die Stanford University-Psychologin Carol Dweck hat viel über Mindset und den Unterschied zwischen einer fixen und einer Wachstumsmentalität geschrieben. Die Annahme, dass Kreativität oder künstlerisches Talent fest verankert sind und natürliche Eigenschaften, mit denen man geboren wird oder nicht, ist zu kurz gedacht. Ich persönlich glaube, dass Talent, einschließlich künstlerisches Talent, durch Leidenschaft und Ausdauer entwickelt werden kann. Die Produktion großer Kunstwerke ist nicht das Ziel von Kunst in der Bildung.
Wie wichtig ist Kunst für die Erziehung unserer Kinder? Kann es ihnen Kreativität beibringen, die ihr ganzes Leben lang angewendet werden kann? Oder ist Kreativität ein „natürliches Talent“, das nicht durch Bildung gefördert werden kann? Schreib uns deine Meinung!
Foto: (c) BigStock – Poznyakov
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14 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare
Natürlich gibt es einige Menschen, die kreativer sind als andere, dies ist nicht nur von den angeborenen Fähigkeiten abhängig, sondern hängt wohl wie die Intelligent von verschiedenen Faktoren ab (p.s.: Kreativität ist ein Teilbereich der Intelligenz).
Etwas was ich nie in der Schule verstanden habe, war, dass in den naturwissenschaftlichen Fächern, wie Physik oder Chemie den Schülern nicht immer die Möglichkeit gegeben wurde, eigene Lösungen zu erarbeiten, bzw. die Zeit war dafür zu gering und es wurde aufgrund des Ergebnisses bewertet, nicht aufgrund des Weges bzw. feste Zwischenschritte wurden bewertet (Bspw. Alle Aufgaben mit korrekten Ergebnissen beendet -> Ausreichend/5 Punkte/ Note 4, da keine Zwischenschritte aufgeschrieben wurden).
Wir benötigen auch in der Schule Zeit und Ruhe um an Aufgaben heranzugehen, dafür bietet sich meiner bisherigen Erfahrung vor allem der Kunstunterricht an, in anderen Fächern benötigt man schon eine Begabung, um neben dem Folgen des Unterrichts auch eigenen Gedanken zu den Themen zu machen (nach der Schule müssen Hausaufgsbrn erledigt werden und es sind immer noch Kinder, die brauchen auch mal ein bisschen Zeit mit Gleichaltrigen und Zeit sich selbst kennenzulernen)
Durch die Auseinandersetzung mit Kunst im weitesten Sinne, entwickeln Menschen ihr eigenes Verständnis von Kreativität und entdecken ihre Selbstwirksamkeit, was sich wiederum positiv auf das Selbstwertgefühl auswirkt. Das führt zu besseren Problemlösungsstrategien und wirkt sich auf alle Bildungsbereiche aus. Kreativität ist die Resource der Zukunft und kann gefördert werden. Wer das nicht begreift, wurde vermutlich in kreativen Bereichen nicht gefördert.
Die Fähigkeit, sich selbst in seinem eigenem kreativen Wirken zu erkennen, also sich in Interpretation zu üben, finde ich wichtig. in dieser abstrakten Welt, gerade in der Arbeitswelt ist das meinem erleben nach sogar eine Grundvoraussetzung für eine weiterführende Karriere.
Völlig unabhängig von jeglicher Karrierewahrscheinlichkeit sind Kunst und Musik einfach wichtig im Leben. Kreativität ist toll, mit ihr ist das Leben bunt und man sieht mehr Möglichkeiten!
Das Spielen ist erstes Lernen in der Kindheit, die erste Form von Kreativität . Im spielerischen Ausprobieren liegt, meines Erachtens mehr Lernpotential als im Reproduzieren von vorgegebenen Lernergebnissen. Es ist nachgewiesen, dass Menschen, die beispielsweise ein Instrument erlernt haben, auch bessere kognitive Fähigkeiten entwickeln, da das Gehirn in mehr Arealen trainiert wird. Eine Tatsache, die ich Üben von Kreativität allgemein zuspreche. Musik, darstellende Kunst und mehr Bewegung gehört meiner Meinung nach mehr in die Stundenpläne!
Im übrigen schliesse ich mich der Meinung an, das jeder Mensch Kreativität mitbringt, sie leider aber durch Vorleben oder Erziehung oft im Keim erstickt wird.
Wichtig. An Schulen wird zu viel Unnützes gelehrt, Kunst und die eigene Kreativität erforschen ist wichtig für das Leben, verglichen mit bspw. Gauß oder Leontief…
Das Problem ist leider, dass Talent wenig gefördert wird, bzw. wird dieses in der Leistungsgesellschaft oft ignoriert. Großartige Talente landen später in Berufen, in denen sie kaum noch Zeit haben ihr Können auszuleben und zu verfeinern. Man sollte während der Schulzeit auf Clubs oder Arbeitsgemeinschaften setzen, ähnlich wie z.B. in Japan oder in der damaligen DDR, weniger auf benoteten Unterricht. Dieses dann in Zusammenarbeit mit Unternehmen, Akademien, Ateliers usw. … würde verstecktes Potential an’s Tagesslicht bringen und, im Interesse aller Beteiligten, vernünftig gefördert werden können…
Kunst und Musik ist das Wichtigste in der Schule. Punkt!
Sehr wichtig, weil Kinder keine Maschinen sind die eine Arbeit zu erfüllen haben
Wichtiger als sehr viel Anderes dem teilweise mehr Wichtigkeit beigemessen wird.
Wichtiger als Mathe in der Oberstufe
Sehr Wichtig.
Würden sich Menschen auf die modischen Forderungen der Gesellschaften beschränken, wäre wirklich alles in Gefahr.