
Werden deutsche Technologien bald nur noch in Seattle oder China entwickelt? Wenn sich am Stand der Digitalisierung und Breitbandausbau in Deutschland nicht schnell etwas ändert, dann wird das immer wahrscheinlicher.
Bereits heute lagern immer mehr deutsche Unternehmen ihre Innovationszentren ins Ausland aus, weil sie in Deutschland nicht über die notwendigen IT-Infrastrukturen verfügen. Deutschland ist auf die Digitalisierung nicht vorbereitet und liegt weit hinter anderen EU-Ländern zurück.
Nur ein Viertel der Unternehmen in Deutschland arbeitet hoch digitalisiert. Beim Breitbandausbau sieht es nicht besser aus. Gerade in den ländlichen Gebieten haben weniger als die Hälfte der Bevölkerung Zugang zu schnellem Internet. Was tut die Bundesregierung, damit Deutschland bei der Digitalisierung aufholt?
Laut Koalitionsvertrag will die Bundesregierung die Digitalisierung massiv fördern und den Breitbandausbau bis 2025 flächendeckend sicherstellen. Dafür sollen 370 Millionen Euro Fördergelder von der EU an Deutschland gehen.
Reicht das aus? Und ist es nicht zu spät, wenn Unternehmen sich bereits andere Standorte suchen? Wie kann Deutschland bei der Digitalisierung noch aufholen?
Wollt ihr mehr über Digitalisierung in Deutschland erfahren? Wir haben eine Infographik zusammengestellt.

Was sagen unsere Leser?
Daniel sagt die Entwicklung neuer Technologien benötigt Zeit und Gönner, die sich für etwas einsetzen bevor es die Wirtschaft tut. Ist ein Mangel an Zeit und Ressourcen der Grund, warum Deutschland in der Digitalisierung zurückliegt?
Wir haben den Bundestagsabgeordneten Gerald Ullrich (Mitglied der FDP-Fraktion) gefragt. Welche Gründe würde er nennen?
Ich glaube nicht, dass es an einem Mangel aus Zeit oder Ressourcen liegt. Denn Zeit ist vorhanden und Ressourcen – wenn man die ständig steigenden Steuereinnahmen bedenkt – sind auch ausreichend vorhanden. Es fehlt der Wille zur Veränderung, der schon seit vielen Jahren in Deutschland nicht erkennbar ist. Es ist auch kein Wille erkennbar, die Menschen in diesem Land auf diese Veränderungen vorzubereiten. Deswegen ist auch eine gewisse Ablehnung und skeptische Haltung gegenüber der Digitalisierung ab einer gewissen Altersstufe in der Bevölkerung zu erkennen. Junge Leute bekommen die Digitalisierung mit, sie ist Teil ihres Lebens. Aber ältere Leute denken, dass sich ihr Leben zu stark verändert und sie mit der Digitalisierung nicht zurechtkommen, obwohl sie auf vielen Gebieten bereits angefangen hat, ohne dass es die Leute überhaupt gemerkt haben. In Deutschland halten wir zu lange zu sehr an alten Zöpfen fest, besonders in der Verwaltung, aber auch in der Bildung. Dort lassen wir uns auf nichts Neues ein und versuchen nach wie vor in der Kreidezeit der Bildung ganz Europa.
Unser LeserTilo argumentiert, dass Deutschland ein Technologieland ist und sich darauf fokussieren sollte; warum also auf Digitalisierung setzen?
Wir haben Landrat Thomas Habermann aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld gefragt: Warum ist Digitalisierung wichtig für Deutschland?
Das ist ganz richtig, Deutschland ist ein hoch technologisches Land. Aber moderne Technologie braucht eine digitale Infrastruktur. Die digitale Sprache ist die Grundvoraussetzung für Fortschrittlichkeit in allen industriellen Bereichen, aber vor allem auch in der Wissenschaft und in der Wirtschaft allgemein. Wir sprechen in Zukunft nicht mehr nur Englisch, Französisch und Deutsch, sondern das Medium der Sprache ist die digitale Sprache und das digitale Denken.
Unser Leser Norbert glaubt, dass wenn wir neue Technologien und Digitalisierung nicht einsetzen, langfristig noch mehr Arbeitsplätze verloren gingen. Hat Norbert Recht? Könnte ein Rückstand in der Digitalisierung zu negativen Auswirkungen auf andere Lebensbereiche wie den Arbeitsmarkt führen?
Was sagt der Bundestagsabgeordnete Gerald Ullrich dazu?
Ja Norbert, ein ganz deutliches „ja“. Denn die Digitalisierung ist die Grundlage der gesamten zukünftigen Wertschöpfungskette. Es wird nichts mehr ohne Digitalisierung gehen: Angefangen mit der Landwirtschaft, der Industrie und der Verwaltung über das private Leben. Es wird am Ende definitiv Arbeitsplätze kosten, weil uns alle anderen, die Nachbarn in direkter Nachbarschaft, aber auch am anderen Ende der Welt, wie Asien und Amerika, davoneilen werden. Weil sie die direkten Geschäftsfelder, die durch die Digitalisierung entstehen, entscheidend dominieren werden. Man sieht es bereits jetzt schon an den großen digital arbeitenden Firmen. Diese Firmen sind uns bereits so weit voraus, dass wir selbst mir großen Anstrengungen Jahrzehnte lang Mühe haben werden, sie einzuholen. Und das kostet definitiv Arbeitsplätze.
Und was sagt Landrat Thomas Habermann zu Norberts Kommentar?
Norbert hat vollkommen Recht. Digitalisierung und Innovation sind die Voraussetzungen, dass wir auch in Zukunft moderne Arbeitsplätze haben. Arbeitsplätze, mit den die Menschen auch so viel Geld verdienen, dass sie eine Familie gründen können, dass sie am Wohlstand teilhaben können. Wer hier die Infrastruktur verschläft, der wird am Arbeitsmarkt riesige Probleme haben. Es werden die Länder erfolgreich am Arbeitsmarkt sein, die auch digital gut aufgestellt sind. Deshalb muss man auch viel Energie investieren, in ganz Europa, das wir ein sehr leistungsfähiges digitales Netz in allen EU-Mitgliedstaaten aufbauen.
Kann Deutschland bei der Digitalisierung noch aufholen? Ist es nicht schon zu spät, wenn Unternehmen sich bereits andere Standorte suchen? Schreibt uns eure Meinung!
Foto: (c) Bigstock – Uglegorets
Portrait: (c) Habermann – Landratsamt Rhön-Grabfeld

15 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare
Definitiv, aber es ist schon kurz vor spät
Wer will der kann.
wer 50 mbits als Gigabit verkaufen will, dem ist nicht zu helfen.
Ich weiss nich aber ich weiss das im Georgien meine Freunde und auch ich 3 mal schnellere Internet haben als ich im Deutschland. Und dort bezahlen wir 7 Euro.
Super Tausch Demokratie gegen schnelles Internet getauscht. Schon mal überlegt ob ihr beschissen wurdet?
Irgendwie finde ich es schon Witzig, Herr Ulrich widerspricht zwar der Zusammenfassung zu meinem vorherigen Kommentar, doch bestätigt meine These … es fehlte der Gönner (Geldgeber – ein privater oder politischer), aber der allein reicht auch nicht aus, dazu wird auch noch Zeit benötigt.
Eine Besserung geschieht nicht von heut auf morgen.
folgende Fragen: 1.braucht man das unbedingt? 2. wenn ja, warum. 3. wer hat davon den WIRTSCHAFTLICHEN Vorteil? ->der möge dann auch bezahlen. im übrigen: solange nocht mal das Funktelefon Netz landesweit finktioniert….. ist auch die „digitale“ Zahlungsweise und die Abschafging des Bargeldes utopisch und kein Thema. also: je länger… desto besser. ich persönlich lebe privat sehr gerne analog.
In Deutschland gilt auch die Digitalisierung zu den Verführungen der Moderne, gegen die sorgsam vorgegangen werden muss, um den Werth von Familie und Hausarbeit von deutschen Frauen wieder aufzuwerten und das deutsche Volk vor den Herausforderungen der Zukunft zu wappnen…seinen inneren Sinn und völkische Stärke….“ Wolfgang Schäuble…
Das eilt meine wegen hat nicht. Ist schon genug überwacht
Wenn es mit der Digitalisierung habert dauerd es aber auch mit der flächendeckenden Überwachung von allem und jedem nocht etwas.
Warum die Hast? War laut Frau Merkel das Internet nicht in 2013 noch neu ?
Digitalisierung ist ueberbewertet. Was nuetzen 100 Wege einen Handwerker zu rufen, wenn dann doch keiner kommt.
Fakt ist: Die Digitalisierung ist in den wirtschaftsstarken Ländern unaufhaltbar im Gange. Jetzt muss man sich entscheiden:Will Deutschland weiterhin ein Wirtschaftswachstum verzeichnen? Ich denke mal ja. Was man an den Kommentaren schon ablesen kann, ist die Technologieakzeptanz in Deutschland schleppend. Im Gegenteil gilt Deutschland als eins der innovativsten Länder. Vielleicht müssen wir diesen Zwiespalt leben. Das ist unsere Demokratie. .Wir werden trotzdem weiter vorankommen, weil wir längst erfolgsverwöhnt sind.
Au weia, all diese Technik-Feinde! Aber man kennt das. Bei der Einführung des elektrischen Lichts war‘s genauso.
Wird schneller kommen als gedacht wird.
Ich glaube nicht das Deutschland besonders hinterher hinkt.
Andere Regionen der Erde haben es wesentlich schwerer in die Gegenwart zu kommen.