Es war einmal vor langer Zeit, als seltene und exotische Tiere ausschließlich den Reichen vorbehalten waren. Königliche Menagerien dienten als Zeichen von Wohlstand und Raffinesse. Im 19. Jahrhundert entstanden öffentliche Zoos als große demokratisierende Institutionen, die gewöhnlichen Europäern die Möglichkeit gaben, diese Tiere aus nächster Nähe zu sehen. Ihre Aufgabe war es, die Massen zu unterhalten und zu erziehen, und ihnen Möglichkeiten zu eröffnen, die zuvor nur den Reichen vorbehalten waren.
Heutzutage ermöglicht es die Technik fast jedem, Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten. Dokumentationen über die Tierwelt, die in Höchstauflösung mit Unterwasserkameras, Drohnen und Nachtsichtaufnahmen einen Blick auf Tiere werfen, mit denen es Zoos schwer aufnehmen können. Angesichts der Tatsache, dass es diese Alternativen heute gibt, ist es nicht unethisch, Tiere in Gefangenschaft zu halten und auszustellen? Welche Berechtigung haben Zoos im 21. Jahrhundert noch?
Der 4. Oktober ist Welttierschutztag. Benannt nach dem Schutzpatron der Tiere, Franz von Assisi, bietet der Welttierschutztag eine gute Gelegenheit, um über unsere Beziehung und unseren Umgang mit Tieren nachzudenken. Befürworter von Zoos sagen, dass Zoos den Erhalt gefährdeter Arten stärken und das Beobachten von Wildtieren aus nächster Nähe große Auswirkungen auf junge Menschen und Kinder haben kann, was möglicherweise eine lebenslange Liebe zu Tieren und zur Natur fördert.
Andererseits stellt sich anhand von Nachrichten über Inzest-Züchtungen, Tötungen überschüssiger Tiere und Misshandlung von Tieren in Zoos überall in Europa die Frage, ob Zoos ihre eigentliche Aufgabe, die Tiere zu schützen, überhaupt noch wahrnehmen?
Was sagen unsere Leser? António glaubt, dass ein Zoobesuch die Liebe zur Umwelt und den Wunsch diese zu schützen anregen kann. Hat er Recht?
Der Geschäftsführer des Weltverbands der Zoos und Aquarien (WAZA), Doug Cress, sagt dazu folgendes.
Ja, Tiere in einem Zoo oder in Gefangenschaft zu beobachten, kann eine tiefgreifende Wirkung haben und zu einer Umweltliebe führen – Zoos und Aquarien haben noch immer diese Wirkung auf Besucher. Aber sie haben auch die Aufgabe, der Öffentlichkeit die ganze Geschichte zu erzählen, nicht nur die Gefährdung der Umwelt und der natürlichen Lebensräume der Tiere durch illegale Jagd, Entwaldung, menschliche Eingriffe und Krankheiten, sondern auch die Art und Weise, wie die Öffentlichkeit mithelfen kann, das Überleben von Wildtieren und wilden Räumen langfristig zu sichern. Es ist nicht genug zu hoffen, dass der Besuch eines Zoos und das Anschauen von Tieren allein ausreichen. Was wir uns klarmachen müssen, ist, dass in der heutigen Welt ein Zoo-Besuch die einzige Verbindung zur Natur ist, die viele Menschen haben werden, und Tiere in Zoos und Aquarien sind die einzigen Tiere, denen sie jemals begegnen werden.
Die gleiche Frage haben wir dem Direktor des Europabüros der internationalen Tierschutzorganisation VIER PFOTEN, Pierre Sultana, gestellt. Stimmt er zu, dass ein Zoobesuch die Liebe zur Umwelt anregen kann?
Das kommt auf den Zoo an, wenn die Tiere in kleinen Gehegen hinter Gittern gehalten werden, auf Betonböden und ohne Beschäftigungsmaterial, wie es leider in einigen schlechteren Zoos auf der ganzen Welt noch immer der Fall ist, dann gibt es keine Verknüpfung zur Umwelt und die erzieherische Komponente eines solchen Zoos sollte ernsthaft in Frage gestellt werden. Diese Art von Zoos könnte sogar dazu beitragen, ein falsches Bild und falsches Verhalten gegenüber den Tieren und der Umwelt zu entwickeln.
Wenn Zoos artgerechte Gehege bieten und den Tieren die Möglichkeit geben, in ihrer ganzen Pracht in ihrer natürlichen Umgebung gesehen zu werden, dann können Zoos sicherlich zur Erziehung beitragen und den Wunsch entwickeln, die Umwelt und die dort lebenden Tiere zu schützen.
Unsere Leserin Shauna hingegen findet, dass es falsch ist, Tiere in kleinen Räumen einzusperren und dass Tieren stattdessen ein möglichst natürliches Leben ermöglicht werden müsste. Können Zoos in Europa diesem Anspruch gerecht werden?
Was sagt Doug Cress von WAZA dazu?
Ja, zugelassene Zoos und Aquarien in Europa bieten den Tieren in ihrer Obhut ein möglichst natürliches Leben – oft, weil es gar nicht anders geht. Der Rückgang der natürlichen Lebensräume der Tiere hat zu einem massiven Rückgang der Artenbestände geführt, und oft besteht die einzige Hoffnung darin, durch Erhaltungsmaßnahmen und Zuchtprogramme die Bestände zu stabilisieren, bis geeignete Lebensräume gefunden und geschützt werden können. Zoos und Aquarien wiederum, müssen die Verantwortung dafür übernehmen, diese Geschichten der Öffentlichkeit richtig zu vermitteln, denn die Alternative würde bedeuten, in Gefangenschaft lebende Tiere in die Wildnis zu entlassen, wo sie Jägern, Nahrungsmangel, Krankheiten und einer Vielzahl anderer tödlicher Bedrohungen ausgesetzt sind.
Die gleich Frage haben wir auch der Partei für die Tiere in den Niederlanden gestellt. Was sagen sie dazu?
Für den Erhalt der Arten ist der Kampf gegen das Verschwinden der Tierlebensräume das Wichtigste. Zuchtprogramme für Zoos sind leider erfolglos, wenn es um die Erholung der Populationen geht. Es gibt jedoch Überschüsse von Tieren als Folge der Zuchtprogramme. Tausende von gesunden Tieren werden jedes Jahr in europäischen Zoos – auch in den Niederlanden – getötet.
Immer mehr Experten weisen auf die Beeinträchtigung des Tierwohls im Zoo hin. Ein Dokumentarfilm der BBC zeigte, dass 80% der in Gefangenschaft lebenden Fleischfresser Verhaltensstörungen aufzeigen. Es bedarf dringend strengere Haltungsanforderungen, die die natürlichen Lebensbedingungen so nahe wie möglich wiedergeben.
Und was sagt der EU-Direktor der Tierschutzorganisation VIER PFOTEN, Pierre Sultana, dazu?
Tieren sollten immer artspezifische Lebensbedingungen geboten werden. Sie sollten in der Lage sein, ihr natürliches Verhalten auszudrücken und ein glückliches Leben zu führen, und dies gilt nicht nur für Zootiere, sondern für alle gehaltenen Tiere. Glücklicherweise hat eine zunehmende Anzahl von Zoos in Europa ihre Standards in den letzten Jahren verbessert und Tieren, die in diesen Zoos gehalten werden, können Bedingungen angeboten werden, die es ihnen erlauben, ein natürliches Leben zu führen. Natürlich ist dies mit finanziellen Kosten verbunden, da die Verbesserung der Lebensbedingungen oftmals mit einer Reduzierung der Tierzahlen, weniger Tiere und weniger Arten, wenn der Zoo sich flächenmäßig nicht vergrößern kann, und auch Investitionen in neue Gebäude beinhalten kann. Das bringt einige kleinere Zoos, die die Investitionen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Tiere nicht bezahlen können, in eine schwierige Situation. Sie sind für die Besucher weniger attraktiv und geraten in einen Teufelskreis und suchen dann leider oftmals nach alternativen Finanzierungsquellen, die nicht immer legal oder ethisch sind.
Inwiefern spielt Technologie eine Rolle? Müssen Zoos innovativ sein, um relevant zu bleiben, besonders heutzutage, wo Dokumentationen durch Drohnen mit hochauflösenden Kameras verfügbar sind? Unsere Leserin Ágnes findet, dass man die direkte persönliche Erfahrungen nicht durch Technologie ersetzen kann. Hat sie Recht?
Die Antwort darauf ist ziemlich eindeutig, hier gibt es kein Ja oder Nein. Der technologische Fortschritt, wie der Einsatz von Drohnen, dient als mächtiges Konservierungswerkzeug, und erlaubt uns zum Beispiel, Orang-Utans in hohen Nestern im Walddach zu zählen, illegale Abholzung zu identifizieren oder Wale und Delfine im Spiel im Meer aufzuzeichnen. Aber diese Bilder können eine persönliche Erfahrung mit einem Tier nicht ersetzen – noch sollten sie es. Zusammengenommen bilden diese Ressourcen eine kollektive Erfahrung, die Menschen dazu inspirieren können, ihr Leben dem Studium oder dem Schutz von Wildtieren zu widmen.
Sind Zoos unethisch? Oder fördern sie die Liebe zur Umwelt und den Wunsch, sie zu schützen? Welche Berechtigung haben Zoos im 21. Jahrhundert noch? Schreibt uns eure Meinung!
14 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare
Ja, sie sind unethisch!!!!
Tiere gehören nicht hinter Gitter, um dann von den Menschen angestarrt zu werden!
Es gibt mittlerweile so viele Alternativen, z.B. Hologramme
Ja, weg mit Zoo und – schlimmer noch – Zirkus und Delfinarium!!!
Und gab es jemals eine Berechtigung!???
Zoos, sofern sie die Tiere möglichst artgerecht halten, sind eine Möglichkeit, den Menschen die Schönheit und Vielfalt der Tierwelt näher zu bringen. Es muß jedoch sichergestellt sein, daß nicht unnötig gezüchtet wird, um damit Geschäfte zu machen! Für manche Tierarten, die stark bedroht sind, stellen die Zoos die letzte Zuflucht vor der Ausrottung dar. Als oberstes Gebot ist aber dabei das Tierwohl zu beachten!
Wenn sie in ihrer natürlichen Umgebung ausgerottet sind, wo sollen die denn dann ausgewildert werden? Bei manchen Menschen reicht der Horizont gerade von der Stirn bis zur Windschutzscheibe.
Ludovico wenn eine Art erst ausgerottet ist, ist es zu spät für jegliche Maßnahme! Deshalb muß mehr getan werden, die wild lebenden Tiere zu schützen!
Klar ist ein Zoo nicht artgerecht. Dennoch werden hier den Leuten schöne Tiere vor Augen geführt, sodass in ihnen die Erkenntnis geweckt wird, dass man diese schützen muss. Vor allem Kinder lernen dadurch mehr von der tierwelt, wenn sie sonst keinen Kontakt zu ihr hätten und wählen Vl auch ihr Lieblingstier, sodass auch sie dieses Tier auf der Welt behalten möchten.
Nun kann man sagen: ja aber es gibt doch Bücher und Filme.
Klar gibt es das. Aber Vl hat grade das Tier im zoo etwas sehr cooles gemacht, dass das Kind prägt. Und ja leider leider ist es nicht die Natur und manchmal denke ich auch die Tiere sind missverstanden, aber es ist ein Weg den Menschen die Augen zu öffnen
Jawohl!
Definitiv. An Gefangenschaft sich erfreuen
Ja
Ja
zoos würd ich verbieten
Oft zu kurz gedacht, wenn man erstmal sich damit befasst, wieviele Zoos sich weltweit für sehr viele Artenschutz-Projekte einsetzen und für Aufklärung sorgen.
Dank ihnen gäbe es viele Arten nicht mehr.