„Sie können das Problem des Terrorismus nicht mit Gewalt lösen,“ so die Aussage des ehemaligen US-Navy Admirals John Kirby in einem CNN- Interview von 2017, in dem er die Anti-Terror-Strategie des US-Präsidenten Donald Trump kritisierte. Kirby’s Kommentar spiegelt ähnliche Aussagen wider, die von einem Dutzend ehemaliger CIA-Direktoren für einen Dokumentarfilm aus dem Jahr 2015 kommentiert wurden: Der Kampf gegen den Terror ist mit keinem konventionellen Krieg vergleichbar. Er ist ein Kampf um Herz und Verstand, der nicht allein durch militärische Stärke gewonnen werden kann.
Während der Online-Ideensammlung Debating Security Plus (DS+), deren Ergebnisbericht am 20. September 2018 auf dem jährlichen Sicherheitsgipfel von Friends of Europe in Brüssel veröffentlicht wird, wurden die Teilnehmer gebeten, innovative Lösungsansätze zur Problematik des Terrorismus zu entwickeln. Eines der diskutierten Themen war, wie der extremistischen Propaganda vor allem im Internet entgegengewirkt und ehemalige Extremisten entradikalisiert und reintegriert werden können. Denn sollte es für sie nicht möglich sein, eine terroristische Organisation zu verlassen und in die Gesellschaft zurückzukehren, dann können Mitglieder extremistischer Gruppen dazu ermutigt werden, bis zum Tod zu kämpfen, anstatt sich zu ergeben.
Wollt ihr mehr über De-Radikalisierung und Re-Integration von Extremisten erfahren? Wir haben eine Infografik für euch zusammengestellt.

Was sagen unsere Leser? Catherine argumentiert, dass De-Radikalisierungsprogramme nicht funktionieren. Hat sie Recht?
Wir haben David Toube gefragt, Direktor für Politik bei Quilliam, der weltweit ersten Organisation gegen Exremismus. Was sagt er zu Catherines Kommentar?
Die Deradikalisierungspraxis steckt zwar nicht mehr in den Kundenschuhen, aber sie ist noch weit vom Erwachsensein entfernt. Nun liegt es an Regierungen und NGOs ihre Programme zu testen und in den unvermeidlichen Lernprozess einzusteigen.
Es stimmt nicht, dass Deradikalisierungsprogramme niemals erfolgreich sind. Menschen können ihre Einstellungen ändern. Sicherlich sind verschiedene Individuen für unterschiedliche Ansätze empfänglich, wir sollten uns vorsehen, einen „one size fits all“ -Ansatz für die Deradikalisierung zu verfolgen. Ein gut geführtes Programm sollte dazu in der Lage sein, individuelle Ansätze zu fördern, die den Bedürfnissen der Einzelnen am besten entsprechen. Einige Programme haben sich als äußerst erfolgreich erwiesen, Menschen vom Extremismus zu entfernen. Ein Bericht von Quilliam „In und Out of Extremism“ dokumentiert, wie 5 rechte und 5 islamische Extremisten bezeugen, dass sie Dank der Arbeit von Quilliam erfolgreich de-radikalisiert wurden. Alle Teilnehmer bezeichneten die Auswirkungen der positiven Gegenreden sowie den Austausch mit Personen, die ähnliche Erfahrungen gemacht hatten, am wirkungsvollsten. Auch Theologiestudenten, die sich für einen offenen Dialog bereitgestellt haben, konnten sie dabei unterstützen, den Extremismus zu überwinden.
Als Randbemerkung: Es gibt sicherlich auch einige Leute, die sagen, dass De-Radikalisierungsprogramme nicht funktionieren, weil sie gar nicht wollen, dass sie funktionieren. Kritiker von De-Radikalisierungsprogrammen wollen oftmals gar nicht, dass jene, die in die Dschihad-Politik gefallen sind, von ihrem Weg abgebracht werden
Gibt es Beispiele für erfolgreiche De-Radikalisierungsprogramme? Sophie nennt den Saudi-Arabien-Ansatz als „sehr erfolgreiches“ Beispiel. Wir haben Daniel Koehler, Gründer und Direktor des German Institute on Radicalization and De-Radicalization Studies (GIRDS), gefragt.
Von „erfolgreich“ bei De-Radikalisierungsprogrammen zu sprechen, fände ich schwierig. Es gibt keine allgemein akzeptierte Definition davon, was es bedeutet, dass ein solches Programm „erfolgreich“ ist. Reicht es aus, dass die entsprechende Person nicht länger gewalttätig ist? Oder sollte sie auch ihre extremistischen Einstellungen ablegen? Sollte sie die Gewalttaten, die sie begangen hat, bereuen? Und wie steht es mit der Polizei und Militär? Sollten diese Menschen zu absoluten Kriegsgegnern werden, oder wäre es akzeptabel, wenn ein ehemaliger Extremist und Terrorist in bestimmten Situationen den Einsatz von Gewalt unterstützen würde, z. B. zur Selbstverteidigung? Wie weit müssen diese Menschen gehen, um zu beweisen, dass sie erfolgreich „de-radikalisiert“ wurden und für wie lange? Was wäre zum Beispiel, wenn ein ehemaliger Neonazi zu einem linken Aktivisten wird und gegen die extreme Rechte protestieren will? Ist das eine Re-Radikalisierung? Praktiker und Wissenschaftler sind sich uneinig darüber, was eine „erfolgreiche“ De-Radikalisierung bedeutet. Auch die Gesellschaft tut sich schwer damit. Um zu bewerten, ob ein Programm seine eigenen Ziele erreicht, können wir interne Daten auswerten. Die überwiegende Mehrheit der Programme wurde aber nie wissenschaftlich evaluiert. Insbesondere das aufgeführte Beispiel aus Saudi-Arabien gewährt Forschern selten Zugang, und wenn auch nur sehr begrenzt, um herauszufinden, was sie tun und ob dies den Teilnehmern in irgendeiner Weise hilft. Daher ist es einfach unmöglich zu sagen, ob dieses Programm „sehr erfolgreich“ war, wenn man nicht geneigt ist, die Antwort der saudischen Regierung für bare Münze zu halten.
Für eine weitere Perspektive haben wir die gleiche Frage David Toube gestellt. Kennt er erfolgreiche De-Radikalisierungsprogramme?
In den letzten zehn Jahren haben Regierungen und NGOs eine Reihe verschiedener Ansätze zur Deradikalisierung entwickelt, von denen zumindest ein paar vielversprechend sind.
Ein dänisches Programm, das Deradikalisierung mit Reintegrationsmaßnahmen verbindet, hat sich in vielerlei Hinsicht als erfolgreich erwiesen. Bestimmte Personen, die extremistischen Gruppen beitreten wollen oder zurückkehrende Kämpfer, werden beim Aarhus-Modell nicht bestraft. Stattdessen stellen die dänischen Behörden ihnen Einrichtungen zur Verfügung, um ihre Bildung abzuschließen, Arbeit zu finden und sich in die Gemeinschaft zu integrieren. NBC News berichtet, dass die Zahl der Menschen, die aus Aarhus als ausländische Kämpfer reisen, im Jahr 2013 bei 31 lag und 2014 auf nur noch 1 zurückging.
Das kanadische Zentrum für das Engagement und die Gewaltprävention in der Gemeinschaft hat ein Modell implementiert, mit dem allen Formen von Extremismus, einschließlich der extremen Rechten, entgegengewirkt werden soll. Kanada hat auch eine erfolgreiche Gruppe von Nichtregierungsbewegungen gegen Extremismus in der Gemeinschaft, einschließlich Muslime gegen den Terrorismus und den Rat der kanadischen Imame, die De-Radikalisierungskliniken betreiben.
Kanada und Dänemark sind liberal-demokratische Länder. Es ist daher nur natürlich, dass die Modelle, die sie entwickelt haben, die Standards und Erwartungen demokratischer Gesellschaften betonen und die Bemühungen und Toleranz der Gemeinschaft betonen.
Diese westlichen Ansätze stehen im Gegensatz zu denen in Saudi-Arabien. Die KSA betreibt Rehabilitationszentren für Extremisten, die aus dem Gefängnis entlassen wurden. Die BBC gibt an, dass Beamte eine Erfolgsrate von etwa 85% in diesen Einheiten schätzen, und das Zentrum behauptet, dass Menschen nicht freigelassen werden, wenn sie nicht de-radikalisiert wurden. Diese Methode ist wohl angemessen für die besonderen Umstände in Saudi-Arabien. Wir sollten jedoch beachten, dass berichtet wurde, dass einige aus diesem Programm entlassene Militante zum Terrorismus zurückgekehrt sind. Said al-Shihri unterzog sich einer Deradikalisierung in einem Rehabilitationszentrum, wurde entlassen und wurde später stellvertretender Leiter von al-Qaida im Jemen.
Unser Leser Antonio sagt, dass Radikalisierung kaum ein neues Phänomen ist. In der Vergangenheit gab es Staaten, die sich über den radikalen Bolschewismus sorgten. Seiner Meinung nach wäre es besser, statt De-Radikalisierungsprogrammen, die europäische und internationale Sicherheitszusammenarbeit zu stärken. Hat er Recht?
Natürlich ist Radikalisierung kein neues Phänomen. Dies gilt ebenso für Gewalttaten und Extremismus. Leute treten terroristischen und extremistischen Gruppen bei und treten wieder aus – das ist nichts Neues. Ihnen dabei zu helfen, einen anderen Weg zu gehen und ein neues Leben zu beginnen, dies ist ein ziemlich neues Konzept. Einfach ist das nicht, im Gegenteil, die Bereitstellung dieser Hilfe ist sehr komplex und erfordert umfangreiche Schulungen sowie Fachwissen in vielen Bereichen. Die De-Radikalisierung ist kein alleinstehendes Konzept, das die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich ausschließt. Sie unterstützt oder ergänzt die Sicherheitskooperation und macht sie effektiver und effizienter. Es ist unmöglich, Terrorismus und Extremismus durch radikale Maßnahmen zu beenden. Nur wenn wir den Zustrom neuer Rekruten durch sanfte Maßnahmen, einschließlich der Hilfe für die Mitglieder, stoppen können, werden wir in der Lage sein, das Risiko von Terrorismus wirklich zu reduzieren. Darüber hinaus können De-Radikalisierungsprogramme sehr bedeutende Sicherheitseffekte haben, wie die Reduzierung der verfügbaren Arbeitskräfte und der technischen Fähigkeiten terroristischer Gruppen, die Schaffung innerer Machtkämpfe und Lücken innerhalb von Hierarchien, weniger Erfolgsgeschichten, die erzählt werden können, usw. Dennoch muss man sagen, dass De-Radikalisierungsprogramme keinen Sinn machen, wenn damit keine wirksame Strafverfolgung oder Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden verbunden ist. Wenn Extremisten und Terroristen keine Strafverfolgung oder andere negative Konsequenzen ihres Handelns fürchten müssen, schwindet die Motivation, die Veränderung anzugehen, drastisch. Manche Leute möchten vielleicht noch aus internen Gründen gehen, so genannte Push-Faktoren wie Heuchelei oder Desillusionierung mit der Gruppe, aber viele entscheiden sich tatsächlich, aufgrund eines Burn-Outs oder der Last, die dieser Lebensstil mit sich bringt nimmt, zu gehen.
Sollten Terroristen rehabilitiert werden? Bringen De-Radikalisierungsprogramme wirklich etwas? Gibt es Erfolgsgeschichten aus der Welt, die es zu kopieren gilt? Was ist eure Meinung dazu?
6 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare
Was bei extrem Linken und extrem Rechten funktioniert das funktioniert auch bei den radikalen Gläubigen. Wichtig ist das man ihnen entgegen kommt und sie nicht gänzlich ausgrenzt. So bin als Verschwörungstheoretiker wieder in der Realität angekommen.
Nö
Auf keinen Fall!
Es gibt einen m.E. angemessenen Strafrahmen für diese Täter, der würde diese Frage vollständig entbehrlich machen, da es bisher nur einen Fall von Auferstehung gegeben haben soll….
Man kann die Proteste von damals nicht mit die Proteste von heute vergleichen.
1. Die Menschen damals wollten die Mauer weg haben. Die Menschen die da heute protestieren wollen eine Mauer.
2. Die Menschen damals wollten in einer Demokratie mit vielen Parteien leben. Die Menschen heute wollen nur mit einer Partei leben.
3. Die Menschen damals wollten unabhängige Medien. Die Menschen heute wollen nur ein Medium.
4. Die Menschen damals wollten die Welt bereisen und kennenlernen. Die Menschen heute wollen in Sachsen bleiben und was anderes wollen sie auch nicht kennenlernen.
Es gibt Studien und zahlreiche Beispiele, das Menschen wie Terroristen nicht resozialisiert werden können. Die zweitevchance ist bei solchen Verbrechen also sinnfrei. Nach Verbüßung ihrer Haftstrafe Nüssen diese Menschen wie gefährer behandelt werden und sie sind zu über wachen.