Es sind sich wohl alle einig, dass die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen auf dem Tiefpunkt sind. Zuletzt sorgte die Vergiftung eines russischen Spions in Großbritannien für Szenen, die an den Kalten Krieg erinnern. Die britische Premierministerin Theresa May hat Russland offiziell die Schuld an dem Anschlag gegeben, Deutschland, Frankreich, die USA und die Nato haben britischen Forderungen nach Aufklärung bekräftigt. Russland ist brüskiert und droht wiederum mit Gegenmaßnahmen. Viele freundliche Glückwünsche wird Wladimir Putin nach den Wahlen in Russland wohl nicht erhalten.

Aber könnten die Wahlen nicht auch die Chance für einen Neustart sein? Es gibt sehr viele Politikbereiche, in denen Russland, Europa und die USA sehr ähnliche Interessen haben. Der Kampf gegen internationalen Terrorismus, ein stabiles Finanzsystem, verlässliche Energiepreise und der Klimawandel gehen uns alle an und können wohl auch nur gemeinsam bewältigt werden. Sind die Provokationen Russlands Wahlkampfgetöse? Ob Putin seine Agenda noch einmal überdenken wird, wenn er für weitere sechs Jahre fest im Sattel sitzt?

Was denken unsere Leser? Samuel ist davon überzeugt, dass in Russland neues Personal in die Spitzenpositionen muss, damit sich die Außenpolitik Russlands ändert. Andernfalls ist seiner Meinung nach keine Besserung in Sicht. Nicola fordert konkrete Schritte für eine Verbesserung, wie Abrüstung auf beiden Seiten. Kann das gelingen?

Für eine Expertenmeinung fragten wir Andrey Kortunov, der die Denkfabrik RIAC in Moskau leitet. Wird sich an Putins Außenpolitik nach den Wahlen etwas ändern?

Ich glaube, dass es für Wladimir Putin sehr wichtig ist, Russland zu alter Kraft und Größe zu bringen. Eine Macht, deren Souveränität von niemandem herausgefordert wird. Vor allem wenn es um globale Sicherheitsfragen geht, welche die nationale Sicherheit bedrohen können. Außerdem will er Russlands Innenpolitik vor Einfluss von außen schützen. (…)

Meiner Meinung nach könnten drei Szenarien die Beziehungen zwischen dem Westen und Russland radikal ändern. Erstens: Der Westen wird müde, ständig Russland zu konfrontieren. Wäre der Westen von einer anderen internationalen Krise abgelenkt und Russland hält dem Druck von außen stand, das wäre ein Szenario für Veränderung.

Die zweite Option wäre ein Regimewandel in Russland. Die ökonomischen und politischen Probleme im Land wachsen, die Opposition wird stärker, Wladimir Putin wird schwächer und eine neue Führungsriege zieht in den Kreml. Das könnte Russlands Außenpolitik so dramatisch ändern wie 1991.

Die dritte Option für einen echten Wandel wäre eine gemeinsame externe Bedrohung. Eine so ernste Bedrohung, dass Querelen zwischen dem Westen und Russland unbedeutend würden. Eine Alieninvasion wäre solch ein Szenario. Aber bisher gab es so eine Herausforderung nicht, nicht einmal die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus konnte Russland und den Westen zusammenbringen.

Für eine andere Perspektive auf das Thema sprachen wir mit Arkady Ostrovsky, dem Osteuroparedakteur des Economist. Was sagt er zu den Leserkommentaren?

Putins Hauptziel der Außenpolitik ist verbunden mit dem Hauptziel seiner Innenpolitik und das ist, an der Macht zu bleiben. Dafür muss er sich in Abwesenheit von demokratischen Wahlen durch Siege im Ausland selbst legitimieren. Es muss der Öffentlichkeit zu Hause Russlands Prestige und Durchsetzungsvermögen zeigen, weil die Menschen genau das an ihm schätzen. Daher werden wir wohl weiterhin aggressives Verhalten erwarten müssen, auch wenn ein richtiger Krieg etwas ist, das Russland sich nicht leisten kann.

Verbesserungen für die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen bräuchten einen Regimewechsel. Putin braucht die Konfrontation mit dem Westen für sein politisches Überleben zu Hause, daher sehe ich nicht, wie es unter seiner Führung Veränderungen geben kann.

Wird Putin seine Außenpolitik nach der Wahl ändern? Was müsste passieren, damit sich die Beziehungen zwischen dem Westen und Russland verbessern? Lass uns deine Meinung wissen und wir fragen nach!

Foto: (c) / BigStockPhoto – jess aerons
Portraits: Arkady Ostrovsky – The Economist / Andrey Kortunov – Russian International Affairs Council


2 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare

Was denkst du?

  1. avatar
    Elajah

    Wir müssen uns endlich eigenständig werden und ins von den USA abkoppeln.
    Wir müssen unsere eigenen Allianzen schließen, die unseren Interessen entsprechen und nicht denen eines anderen.
    Wir dürfen nicht länger Vasall sein, sondern müssen die Zügel selbst in die Hand nehmen und unser eigener Herr werden.

    Dazu gehört auch eine Allianz mit Russland, die unser Energielieferant sind. Wieso sollten wir an dem ast sägen auf dem wir selbst sitzen. Die Usa beschließen Wirtschaftsrwformen die lediglich Ihnen dienen aber nicht uns. Wer den Europäern solche Stöcke zwischen die Beine wirft, ist nicht unser Verbündeter.

  2. avatar
    Cemil

    Die Frage ist, wird die NATO seine Versprechungen einhalten

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