Die Wahlen in Russland sind für viele nur noch eine Formalität. Es gilt als sicher, dass der amtierende Präsident Wladimir Putin für sechs weitere Jahre in seinem Amt bestätigt wird. Sind wir zynisch? Der Kreml verspricht vor jeder Wahl Besserung, echte Kandidaten der Opposition mit Zugang zu den Staatsmedien und unabhängige Wahlkommissionen, die Stimmzettel ehrlich auszählen. Präsident Putin will von seinem Volk gewählt werden, aber gleichzeitig will wohl niemand im Kreml eine echte Wahl riskieren.
Es lässt sich kaum bestreiten, dass die russischen Medien klar im Sinne Putins berichten. Kritiker und die politische Opposition sind entweder im Gefängnis oder tot. Dennoch ist Putin sehr beliebt. Er soll den Russen ihren Nationalstolz nach Jelzin zurückgegeben haben. Auch steht er für Stabilität und Sicherheit. Die Unterstützung ist ihm also sicher. Aber wie sähe das in einem anderen politischen System aus? Würden freie Medien und weniger autokratische Elemente dazu führen, dass Putin abgewählt würde?
Unser Leser Nikolai geht davon aus, dass Putin auch bei einer aussichtsreichen Opposition die Wahlen letzten Endes gewinnen würde. Hat er recht? Wir fragten bei Professor Richard Sakwa nach, der Russische und Europäische Politik an der Universität Kent lehrt. Würde Putin auch in einem anderen politischen System die Wahlen gewinnen?
Absolut! Seine Zustimmungswerte liegen bei 80 Prozent und das Vertrauen in ihn als Führungskraft liegt bei 60 Prozent. Es gibt also allgemeine Zustimmung und Unterstützung. Dagegen könnte man fragen, wie die Situation wohl mit freien Medien aussehen würde. Da ist natürlich was dran. Propaganda und Kampagnen „von oben“ haben zu dieser Stimmung im Land geführt. Es gibt aber Informationen von unabhängigen Medien oder aus dem Internet. In Russland verfügen 80 Prozent der Haushalte über einen Internetzugang und die Hälfte von ihnen ist täglich online. Es gibt keine umfassende Internetzensur wie in China. Nur weil wir Putin nicht leiden können, können wir nicht abstreiten, dass er populär ist. Daher glaube ich, dass er auch in einem anderen System die Wahlen in Russland gewinnen würde.
Für eine zweite Meinung fragten wir Anatol Lieven, Professor für Internationale Politik an der Universität Georgetown in Katar. Glaubt er auch, dass Putin in jedem politischen System die Wahlen gewinnen würde?
Es ist unmöglich, diese Frage zu beantworten. Wir wissen nicht, wer in einem anderen politischen System gegen ihn kandidieren würde. Mit den Alternativen, die Russland jetzt hat, würde Putin auch bei freien und fairen Wahlen gewinnen. Die wird es aber nicht geben.
In anderen Worten, geht es bei dieser Manipulation nur darum, dass Putin einen überzeugenden Wahlsieg bekommt und keinen knappen. Aber ich würde auch ohne Wahlmanipulationen von Putins Wahlsieg ausgehen.
Wir bekamen auch eine Frage von Peter. Er glaubt, dass die Russen zunehmend dem politischen System überdrüssig werden. Was antwortet Professor Sakwa?
Jedes politische System, das seit 18 Jahren existiert wird müde. Putin ist das Regierungsoberhaupt, das am längsten seit Stalin in Russland an der Macht war. Wenn er bei den nächsten Wahlen im März wiedergewählt wird, kommen noch einmal sechs Jahre dazu. Dann ist Putin 24 Jahre im Amt. Ja, daher ist das ganze System müde. Auch wenn viele Menschen noch heute von Putin überzeugt sind. Er hat erreicht, dass Russland seine Industrie aktiv weiterentwickelt hat, Flugzeugtechnik und Schiffe kommen jetzt aus Russland. Das sind Errungenschaften.
Nach einer gewissen Zeit wird jedoch jeder müde, es ist Zeit für neue Ideen. Weder das politische System noch die Wirtschaft ist noch innovativ, alles stagniert. Laut der letzten Umfragen wollen vor allem die jungen Leute Veränderung. Erstwähler, die gerade 18 Jahre alt geworden sind, kennen ihr gesamtes Leben nur Putin als Staatsoberhaupt. Sie fühlen sich entfremdet. Putin bietet Stabilität, Sicherheit, eine stetige Weiterentwicklung und vertritt Russland in der Welt. Andererseits gibt es Sanktionen im Land und viele Konservative, die Initiativen verhindern.
Haben die Russen genug von Putin? Ist Wladimir Putin wirklich so beliebt, wie es uns Umfragen glauben lassen? Würde er auch demokratisch „lupenreine“ Wahlen gewinnen? Schreib uns deine Meinung und wir fragen die Experten und Politiker!
Foto: CC / Flickr – goncharovaia
17 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare
Könnte West Europa das meinen oder gerne hören wollen
Ich würde eher sagen, die meinen es! „Debating Europe“ ist ziemlich pro-westlich! Kommt ja eigentlich auch aus England…
Ich habe nichts gegen den Westen, aber häufig etwas allergisches gegen den Nachrichtenträgern. Die lügen bis die Balken biegen und im Namen der Pressefreiheit Meinung kreieren (siehe „Bild“-Zeitung).
Hi Matthias Wolf, bei Debating Europe arbeitet ein internationales Team in Brüssel zusammen. Viele Grüße aus der Redaktion!
Bien, mais l’Europe n’est pas seulement le Ouest de notre continent. L’idée de la paix et de l’amitié entre les peuples est l’une des pensées fondamentales. En ce moment, je ne vois pas de réalisation de cette idée dans vos articles, plutôt l’idée prétentieuse d’avoir réclamé la vérité absolue.
ich habe genug von Trumpel – mir ist ein ruhiger Putin lieber als dieser aufgeblasene Mann vom Oval Office – auch bei uns sind Wahlen für viele auch nur noch eine Formalität. Oder man geht gleich gar nicht wählen!
Einer meinte mal dazu: „Perfekt ist er nicht, aber immer noch besser als die Alternativen.“
#alternativlos
Fragen sie zuerst den Putin selbst. Er weißt das besser als jeder andere. Und gibt auch eine ehrliche Antwort. Ist doch klar, dass er vielen ein „Dorn im Auge“ ist. Und die Zahl 80 % sagt auch etwas.
Russland ist nicht reformierbar- im Hintergrund sind Kriminelle, die nur autoritär irgendwie in Schach gehalten werden können
Echte Autoritäten sind besser als politisch weichgespülte Wischi-Waschi-Politclowns.
Er ist ein kluger Politiker und hat Russland wieder groß gemacht . Meiner Meinung nach sollte er weiter an der Macht bleiben.
Und er lässt sich von den US Kriegstreibern nicht provozieren.
Wenn andere an die Macht kommen, sollten sich Westpolitiker warm anziehen. Wäre ihnen Herr Schirinowski lieber? Nawalni ist rechtskräftig verurteilt und nach russischer Rechtslage nun mal nicht wählbar. Mit einem Plan für Russland ist er auch noch nie in Erscheinung getreten. Opposition sein reicht nicht. Putin hat den Russen ihre Identität wieder gegeben. Und vielen Russen geht es besser als zu Jelzins Zeiten. Das Sein bestimmt das Bewusstsein.
Richtig, vielen geht es besser. Und anderen wird es auch besser gehen wenn Putin bleibt.
Schritt für Schritt.
Ich mag Putin.
Putin hat zwei Systeme mitgemacht und weiß, welche punktuellen Aspekte aus beiden zu gebrauchen sind und welche nicht. Über die Verbesserungen gegenüber dem System Jelzin brauchen wir uns, glaube ich, nicht weiter zu unterhalten. Identität ist auch ein wichtiger Faktor, zweifellos. Doch gerade seine Außenpolitik ist friedensstiftend für Europa und Asien und DAS ist mit das Wichtigste!
PS: Nawalny und Shirinowski sind beides Nationalisten und rechts eingestellt. Das kann für Europa dann ein ECHTES Problem werden. Ein rechtes Großmaul in Amerika reicht schon.
Deutschland sollte sich an Russland halten.
Und da denke ich wie Helmut Schmidt, ohne Russland gibt es keinen Frieden in Europa. Ausserdem sind wir Gentechnisch mit den Russen verwant.