Erst Schottland, dann Katalonien, jetzt Norditalien und als nächstes Bayern? Unabhängigkeitsreferenden scheinen in Europa ansteckend zu sein. Wie die Regionen für mehr Autonomie bis hin zur Unabhängigkeit kämpfen ist sehr unterschiedlich, aber die Motivation ist gleich: Viele Regionen Europas setzen zunehmenden auf Selbstbestimmung. Katalonien war dabei zuletzt am medienwirksamsten. Was bedeutet diese Entwicklung für Europa?

Die EU ist in einer Zwickmühle. Den Zerfall der europäischen Staaten will sie nicht, aber in innere Angelegenheiten einmischen auch nicht. Einheit in Vielfalt ist das offizielle Motto, das – bisher – über die Nationalstaaten als Mitgliedsländer der EU organisiert wird. Schlägt sich die Kommission jetzt auf die Seite der Katalanen oder agiert als Vermittler, muss das Bekenntnis auch für andere Regionen gelten. Unabhängigkeitsbestrebungen gibt es innerhalb Europas so einige!

Die Katalanen haben über ihre Unabhängigkeit von Polizeigewalt begleitet abgestimmt, aber bisher auf eine offizielle Erklärung verzichtet. Die spanische Regierung hat nun Zwangsmaßnahmen gegen Katalonien beschlossen, die nach der Zustimmung des Senats am Freitag in Kraft treten können. Was folgt? Neuwahlen, die offizielle Unabhängigkeitserklärung oder ziviler Ungehorsam? Auch die baskischen Separatisten verfolgen die Reaktionen der Zentralregierung genau.

Am Wochenende haben die norditalienische Lombardei und Venetien für mehr Autonomie gestimmt. Eine Abspaltung wollen die wirtschaftsstarken Regionen nicht und die Referenden sind von der Landesverfassung gedeckt, im Gegensatz zur katalanischen Abstimmung. Kritiker werfen den Organisatoren vor, lediglich mehr Steuergeld in der Region halten zu wollen und Abgaben an zentrale Behörden zu minimieren. Vorbild ist dabei Südtirol, eine bereits relativ autonome Region Italiens, in der einige Kräfte nach Unabhängigkeit oder dem Zusammenschluss mit Österreich streben.

Auch die Schotten überlegen, ein weiteres Referendum abzuhalten. 2014 sprach sich eine Mehrheit gegen Unabhängigkeit aus, dabei war aber die EU Mitgliedschaft ein wichtiger Grund, denn die Mehrheit der Schotten stimmte auch beim Brexit für den Verbleib in der EU. Die schottische Regierung will ein zweites Referendum von den Brexitverhandlungen abhängig machen. Diese Bewegung ist also nur auf Eis.

Diese Liste ließe sich noch verlängern: Korsika, Nordirland, die dänischen Färöer-Inseln und Grönland und Mitten im Herzen der EU, beanspruchen in Belgien Flandern und die Wallonie die Brüsseler Hauptstadt. Was ist von den Unabhängigkeitsbewegungen zu halten? Eines haben sie gemeinsam, meist sind sie wirtschaftsstark. Eine Debatte um Unabhängigkeit wird auch immer durch Steuerversprechen befeuert, ärmere Regionen im Land nach der Autonomie nicht mehr unterstützen zu müssen. Beobachten wir hier also Egoismus oder eine demokratische Revolution?

Ist Katalonien erst der Anfang? Was meint ihr? Sollte sich die EU weiter raushalten oder zumindest als Vermittler einbringen? Überwiegt wirtschaftlicher Egoismus oder ein Streben nach mehr demokratischer Selbstverwaltung?

Foto: cc/ Flickr – Phillip Taylor



54 Kommentare Schreib einen KommentarKommentare

Was denkst du?

  1. avatar
    Enzo Italia

    Der Hauptgrund sind die extreme Dummheit und die völlig ungerechtfertigte Unzufriedenheit vieler Menschen…. Nach 72 Jahren muss unbedingt wieder Unruher her, sonst geht es wohl nicht….

    • avatar
      Nicholas Fa

      Unberechtigte unzufriedenheit? Diese menschen kämpfen schon seit Franco’s putsch für unabhängig. Typisch Deutsch, wer will Frei sein?

    • avatar
      Daniel Scholtz

      Ja wir können ja jeder unsere eigenes Königreich machen

    • avatar
      Josef Besel

      Enzo Italia : Solch ein Blödsinn ! Die Ursache hat einen handfesten Grund nämlich Geld ! Egal ob in Katalonien; Lombardei & Venetien und auch Bayern haben Menschen es satt die Dummen für andere Regionen zu sein! Es kann ja wohl nicht sein , dass z. B. Bayern jedes Jahr 4 Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich zahlt um faule und unfähige Länder 13 an Zahl durchfüttert! In Deutschland gibt es nur noch 3 Geber- und 13 Nehmerländer !

    • avatar
      Tilo Reetz

      Josef Besel, von 1950 – 1987 hat Bayern auch die Hand aufgehalten 😉

    • avatar
      Lars Bohnsack

      BaWü ist von Anfang an ein Geberland! Und solange die Misswirtschaft weiterhin belohnt wird durch den sinnfreien Ausgleich, wird se nie geändert!

    • avatar
      Marcel Burghart

      Josef Besel dann verlasst dich Deutschland ihr Bayern. Oder wir zäunen Bayern ein dann hat Deutschland sein eigenes disneyland

  2. avatar
    Martin Skorny

    Europa wacht endlich aus seiner Lethargie auf, um sich aus dem globalistisch-sozialistischen Diktat der aktuellen EU zu befreien.
    Hoffentlich rechtzeitig

  3. avatar
    Li Ang

    früher gab es pesetas drachmen gulden lire francs mark und europa und die welt waren dadurch nicht dem untergrund gewiht

  4. avatar
    Peter Vida

    Es reicht jetzt! Wenn jemand mit etwas Geschichte-Verständnis auf die Ereignisse schaut und etwas Ahnung von politischen Prozessen hat is weniger oder ganz und gar nicht besorgt.

    Europa war NIE eine Einheit! Nicht mal unter den Römern! Auf jeden Fall kein Einzelstaat!

    1991, im Jahr wenn die Tschechoslowakei sich auflöste, war das als etwas Unerhörtes dargestellt! Heute leben sie friedlich nebeneinander, beide sind Mitglieder der EU!

    Die Segmentation von Staten wie Italien, aber auch das voneinander brechen der Österreichisch-ungarischen Monarchie, oder der Sowjetunion sind Teile eines natürlichen Prozesses.
    Österreich, Tschechien, die Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien sind EU Mitglieder! Augenscheinlich sind die Länder wieder auf gemeinsamem Nenner!

    Die EU ist kein Staat , aber der Zusammenschluss vieler Nationen und keine Konföderation!!!

    Da ist zum Beispiel auch Belgien. Sie haben 2010 gefordert Flandern direkt unter die EU Instanzen zu stellen! Sie wollten Teil einer anderen Sort von Zugehörigkeit, bzw. Zusammenleben mit den Wallonen haben!
    Was für eine brillante Idee!

    Die Wallonen haben durchgesetzt die Ceta zu ändern! Sensationell!!!
    Na, es funktioniert doch!!

    Wer diese Fragmentation , mit Gewalt stoppen will liegt falsch und zettelt Feindseligkeiten an und schadet der europäischen Idee!

    Liest es eigentlich jemand????

    • avatar
      Raziel Nihilesta

      Danke.
      Endlich jemand, der seine Argumentation auch untermauern kann und nicht nur schreit:“Sodom und Gomorrah“.

      Ich persönlich sehe es ganz ähnlich.
      Mit Gewalt unter einer Flagge kann es nicht funktionieren.
      Außerdem sollte es um den Willen des Volkes gehen und nicht um wirtschaftliche Interessen.
      Für Lobbyisten ist es sowieso teurer viele kleine Staaten zu korrumpieren, anstatt nur eines großen Staates Regierung.

    • avatar
      Dschimm Biehm

      Sehe ich ähnlich. Die Zeit der großen Nationalstaaten ist abgelaufen. Wir werden weitere separatistische Regionen sehen. Die Frage ist, wie man in Brüssel darauf reagiert. M.E. sollte man dem Prozess der Regionalisierung Europas ein paar Leitplanken verpassen, um Chaos wie in Spanien zu verhindern. Die aktuellen Nationalstaaten, allen voran Deutschland, werden mit aller Macht bremsen und nehmen damit weiteres Chaos in Kauf…#

  5. avatar
    Hans Meierding

    Katalonien handelt gegen die spaninische Verfassung. Nationalismus ist nie gut und die EU haben Sie nicht verstanden Vida.
    Macht aber nix, EU wird trotzdem kommen.
    Die europäische Idee, nie wieder Krieg auf europäischem Boden, ist das Ergebniss zweiter Vernichtungskriege, was man den Römer nicht anlasten sollte.

    • avatar
      Marcel Geveler

      „nie wieder Krieg auf europäischem Boden“ dafür wird der Krieg in andere Länder geschleppt. Siehe Iran, Irak, Syrien usw. Wir hätten die ganzen letzten Kriege vermeiden können wenn wir nicht so egostische Ressourcengeile Nutten wären.

    • avatar
      Udo Rosenkranz

      Hans Meierding
      Democratie lebt von Gespraech , mit einander reden , Democratie lebt von Selbstbestimmung , Freiheit des Wortes und verschiedenen Meinung . Democratie lebt nicht von Sittenwidrigkeit gegen Voelker * ueber sie per Dekret oder einer Machtbesessenen Formulierung in einer einseitigen ( Verfassung )) aus der Vergangenheit . Wir leben nicht im 17. Jahrhundert , leider hat Deutschland auch so viele gegen das Volk gerichtete Sittenwidrige Gesetze !

    • avatar
      Hans Meierding

      Marcel Geveler , für die Kriege im Nahen Osten ist nicht Europa verantwortlich. Und wer sind Ressourcengeile Nutten?

    • avatar
      Hans Meierding

      Udo Rosenkranz , Volk gerichtete Sittenwidrige Gesetze? Die möchten Sie doch bitte hier erläutern. Schätze die Mitleser sind ganz Ohr, oder besser, Auge.

  6. avatar
    Brigitte Bernard

    Es werden andere Länder folgen ,denn die Menschen wollen keinen Krieg und Unterdrückung sie werden sich erheben und gegen ihre Unterdrücker Kämpfen !

    • avatar
      Jakob Burkhardt

      Na klar, hat man ja 1914-1918 und 1939-1945 gesehen. Von all den anderen Kriegen in Europa ganz abgesehen.

    • avatar
      Mark Salmen

      Grab doch bitte noch tiefer in der Geschichte rum
      Das was wir jetzt haben hätte man teilweise auch anders regeln können ohne so ein mist zu machen

    • avatar
      Shaun Launay

      Jakob Burkhardt die EU ist erst seit den 90ern eine politische Union also was laberst du ?

  7. avatar
    Holleman Wiberg

    Das wird davon abhängen, ob Katalonien sich erfolgreich abspaltet und ob die anderen Regionen sich auch kulturell anders als der Rest des jeweiligen Landes entwickelt hat. Die Lage ist auch so schön schwierig zu beurteilen, da die Wahlbeteiligungen eher niedrig ausfallen — da kommt dann die Frage auf, ob diese Referenden überhaupt eine demokratische Gültigkeit besitzen.
    Wie dem auch sei, wenn die EU das Selbstbestimmungsrecht der Völker ernst meint, sollte sie sich auf jeden Fall nicht darin einmischen und lediglich einen EU-Beitritt der abgespalteten Regionen neu verhandeln.

    • avatar
      Erna Götze

      Das hat doch damit nichts zu tun.Die Norditaliener wollen nur mehr vom Geld behalten ,das sie erwirtschaftet haben..Wollen keine Unabhängigkeit wie in Katalonien.

    • avatar
      Ralph Luebberstedt

      Ich lache selten bei dem Namen- aber hier sind so viele doofe Kommentare versammelt- dies passt

  8. avatar
    Josef Besel

    Enzo Italia : Solch ein Blödsinn ! Die Ursache hat einen handfesten Grund nämlich Geld ! Egal ob in Katalonien; Lombardei & Venetien und auch Bayern haben Menschen es satt die Dummen für andere Regionen zu sein! Es kann ja wohl nicht sein , dass z. B. Bayern jedes Jahr 4 Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich zahlt um faule und unfähige Länder 13 an Zahl durchfüttert! In Deutschland gibt es nur noch 3 Geber- und 13 Nehmerländer ! Nicht verwunderlich die meisten der Empfänger sind „sozialistische“ Bundesländer ! In Bremen und Berlin sind die Kitaplätze kostenlos obwohl das Land kein Geld hat usw. !

    • avatar
      Andi Kah

      warum eigentlich nicht, Bayern hat doch auch über 30 Jahre Gelder von den anderen Ländern im Finanzausgleich erhalten. Wo kommt man mit einer solchen Ego Nummer hin?? Mal darüber nachgedacht?

  9. avatar
    Ralph Luebberstedt

    Wenns dem Esel zu gut geht geht er aufs Eis
    Ich glaube überhaupt nicht an die Kleinstaaterei und dessen romantische Verklärung- ich glaube dass es immer Charaktere in einer Gesellschaft gibt wie Putin Milosewitsch Karadcitz Trump usw die nicht das Wohlergehen aller im Sinn haben und die es nicht stört wenn jemand für Geld und Macht stirbt

  10. avatar
    Ralph Luebberstedt

    Hab die Kommentare nach meinem gelesen- die Befürworter der Spaltungen haben die eigentlich auch das Elend im Sinn was beispielsweise der Krieg der Spalter in Jugoslawien bewirkt hat?
    Schlaue Begründungen Hab ich hier einige gelesen- ich kenne einige Menschen, die damals Kleinkinder auf den Armen durch vermintes Gelände getragen haben
    Wem hat das Ganze Ökonomisch gedient? Den Journalisten?

  11. avatar
    Tim Karwasch

    die weltweiten ressourcen werden knapper (öl,gas,wasser,sand, auch fisch,, etc.), globale überbevölkerng, klimawandel und -flucht….das alles passiert jetzt schon. wenn es eng ubd knapper wird, werden sich bevölkerungsgruppen wieder zusammen ziehen und weniger teilen wollen….nur als analyse! ich will jetzt für keine rechte scheiße mit verständnis kommen.

  12. avatar
    Martin Reim

    Nicht ein Europa der Nationen brauchen wir sondern ein Europa der Regionen. Eine Republik in der den Bürgern Rechtsgleichheit garantiert wird egal in welcher Region sie leben.

    • avatar
      Martin Reim

      Nieder mit irgendwas heißt, dass wieder unschuldige sterben müssen…

    • avatar
      Matthias Wolf

      Wenn’s denn mal vorher so gewesen wäre. Aber eine Union des Kapitals will tatsächlich niemand.

    • avatar
      Martin Reim

      Muss es ja nicht werden.

  13. avatar
    Deniz Kilic

    Entweder verstehen einige den Sinn der EU nicht, oder sie verstehen es; und wollen sich dagegen wehren. Die Souveränität der einzelnen Staaten wird in den nächsten 20 Jahren aufhören! Dann spielt das Ganze doch eh keine Rolle mehr. Einige Gruppen, die die nach Unabhängigkeit (?) streben, verhalten sich wie Clans, die kurz vorher nochmal richtig abkassieren wollen.
    Wir werden uns in der EU, in den nächsten 30 Jahren, mit viel wichtigeren Themen auseinander setzten müssen, als mit solchen banalen Themen.

  14. avatar
    Jasper Bernsdorf

    „Region ist Heimat, Nation ist Fiktion.“ (Robert Menasse). Im Zuge der europäischen Integration wird immer deutlicher, dass die Nationalstaaten mitsammt dem Nationalismus überflüssig, ja sogar zu einem Hindernis werden. Für Europa finde ich anstelle der Vereinigten Staaten ein Modell ähnlich der Schweiz wesentlich sinnvoller, das Europa der Regionen, dass an die Bedeutung der historischen Regionen Europas angknüpft.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Notify me of new comments. You can also subscribe without commenting.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

By continuing to use this website, you consent to the use of cookies on your device as described in our Privacy Policy unless you have disabled them. You can change your cookie settings at any time but parts of our site will not function correctly without them.